
Demokratie im Rückzug? Der “Radikalen-Erlass”.
In einem weiteren Sinne hat dieses Thema mit “Bildungspolitik” zu tun, ging es doch hauptsächlich um Lehrer. Den Text verfasste ich im April 1973. Veröffentlicht wurde er am 20. November 1973 in der Westerburger Schülerzeitung „Wühlmaus“. Die Argumentationsführung ist schwer zu widerlegen und – mit umgekehrten Vorzeichen – leider höchst aktuell. In der Regel halte ich mich mit aktuellen Bezügen hier bei diesen “Juvenilia” zurück, aber in diesem Fall liegen sie allzu offensichtlich auf der Hand. Wäre man nur ein neutraler Beobachter, wäre es faszinierend zu beobachten, wie die ehemals linke Opposition, gegen die sich der sogenannte “Radikalen-Erlass” richtete, jetzt, wo sie an der Macht ist, viel härtere Maßnahmen gegen die rechte Opposition umsetzt. Ein spiegelbildlicher Erlass gegen Lehrer ist zwar auf höchster Ebene noch nicht beschlossen worden, aber andere Mittel werden mit immer geringeren Hemmungen eingesetzt, bis hin zu den Massenaufmärschen im dunklen Februar 2024 und bewaffneten, mit Sturmhauben anrückenden Polizeikommandos gegen Presseorgane.
Für Historiker ist es im Übrigen nichts Neues, dass “Befreiungsbewegungen”, sobald sie sich durchgesetzt haben, repressiver und autoritärer auftreten als die vormaligen Machthaber.
Wühlmaus 3/1973
Was die DKP betrifft, gegen die sich der Erlass des Jahres 1972 hauptsächlich richtete (später kamen noch die maoistischen K-Gruppen hinzu), so sah ich sie im Übrigen immer sehr kritisch. Sie war für mich so stalinistisch wie die DDR, von der aus sie gesteuert wurde. Ich ging auch nie wie andere Juso-Genossen beim Roten 1. Mai am Stand der DKP hinter deren Tisch. Ich erinnere mich auch noch, wie mich kritische Blicke der eigenen Genossen trafen, wenn ich bei der 1.-Mai-Demo “Dub-cek! Swo-bo-da!” rief. Das waren die Renegaten aus der ČSSR. Zu einem solchen wurde ich selbst.
Hochgeladen am 18. August 2024.