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Peter Eisenburger

Bibliotheken

Konzeption und Aufbau öffentlicher Bibliotheken als Kultur- und Informationszentren

A. Stadtteilbücherei Rodheim vor der Höhe (1988–1989)

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Beim Aufbau der Stadtteilbücherei Rodheim vor der Höhe (Wetteraukreis) in den Jahren 1988 und 1989 ging ich nach den neuesten Entwicklungen des öffentlichen Bibliothekswesens vor.

Zu Beginn meiner Tätigkeit ab dem 1. März 1988 hatte ich nichts anderes vor mir liegen als einen Block Papier und einen Bleistift. Wie informierte ich mich, was zu tun war? In fuhr in die Universitätsbibliothek Gießen. Im Zeitschriftenlesesaal arbeitete ich die letzten 20 Jahrgänge der Zeitschrift “buch und bibliothek” durch, des Zentralorgans der Bibliothekare an öffentlichen Bibliotheken. Über mehrere Wochen verschlang ich diese monatlich erscheinenden Hefte geradezu.

Es gab in den 70er und 80er Jahren zwei Haupttrends, die heute als selbstverständlich erscheinen mögen, es damals aber keineswegs waren:

Die Erweiterung des klassischen Medienbestandes durch audiovisuelle Medien sowie die Führung einer öffentlichen Bibliothek als Kultur- und Kommunikationszentrum.

Während die Bestellung von Musikcassetten keine große Sache war (man benutzte die Vorauswahl der ekz in Reutlingen), erforderte die Planung und Durchführung von Veranstaltungen einen erheblichen Aufwand an Zeit und vor allem Know-how und Kontakte.

Ich organisierte eine ganze Bandbreite an kulturellen Aktivitäten, die jeweils mit Pressearbeit vor- und nachbereitet wurden:

  • Jeden Monat wurde auf einem gesonderten Regal eine Buchausstellung während der Öffnungszeiten präsentiert. Themen waren unter anderem: 200. Jahrestag der Französischen Revolution, Internationaler Tag der Frau, Umweltschutz und Ökologie, 80. Geburtstag von Erich Kästner, lateinamerikanische Autoren, EDV-Bücher, neue Kinderbücher.
     
  • Wanderausstellungen in die Stadtteile, in Kindergärten und Schulen statt (dort z. B. mit Literatur zur Berufswahl und Ähnlichem).
     
  • Autorenlesungen. Die von mir zur Büchereieröffnung am 26. November 1988 schon fertig vorbereitete Lesung mit dem sozialkritischen und als betont “links” geltenden, sehr renommierten Schriftsteller Max von der Grün (“Stellenweise Glatteis”) wurde aus politischen Gründen verboten (eine frühe Form von cancel culture). Dazu könnte ich hier sehr viel schreiben. Vielleicht an anderer Stelle.

    Später waren so berühmte Autoren alleine schon aus Kostengründen nicht mehr möglich. Trotzdem ließ sich einiges machen. Ich erinnere mich an Lesungen mit der Kinderbuchautorin Dagmar Chidolue (“Lady Punk”) aus Neu-Anspach und dem syrisch-aramäischen Erzähler Rafik Schami, der in der zweiten Hälfte der 80er Jahre seine große Karriere startete. Er las aus seinem neuen Buch “Erzähler der Nacht”.
     
  • Die mit rund 100 Personen bestbesuchte Veranstaltung war das Kindertheater mit Klaus Adam aus Bremen. Für solche Gelegenheiten hatten wir einen rückseitig des Alten Rathauses gelegenen schönen Innenhof.
     
  • Kunstausstellungen. Ich erinnere mich an die Ausstellung “Arbeiten mit Papier” der Nieder-Rosbacher Künstlerin Dagmar Hirsch-Post (18. November 1989 bis 13. Januar 1990), die bereits in Peking ausgestellt hatte, und an die Foto-Ausstellung “Rodheimer Winkel” mit Arbeiten von Cerstin Lenjo
    (29.  Juni 1989 bis 31. August 1989).
     
  • Vorlesestunden für Gruppen aus dem Kindergarten. Hier lasen Erzieherinnen vor und ein oder zwei Mal auch ich selbst. Ich erinnere mich noch gut, wie aufmerksam und ergriffen die Kinder waren.
     
  • Ein Literaturwettbewerb für Kinder.
     
  • Eine Fahrt zur Frankfurter Buchmesse.
     
  • Etwas Besonderes war die zur Eröffnung durchgeführte Lesung und Ausstellung mit der Kinderbuchillustratorin Helga Spieß: “Wie entsteht ein Kinderbuch?”
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Die Künstlerin Dagmar Hirsch-Post mit mir vor dem Historischen Rathaus Rodheim. November 1989.

Eine der besten Arbeiten von Cerstin Lenjo aus Rodheim vor der Höhe.

Dabei waren natürlich die normalen Bibliotheksarbeiten, also der Bestandsaufbau von “Null”, die Einrichtung und Führung des Leihbetriebs (ausleihfähige Bearbeitung der Medien, Karteikarten für die Medien, Benutzerausweise, Benutzungsordnung – alles mit der Schreibmaschine), die Auswahl und Bestellung der Bibliotheksmöbel, die Zusammenarbeit mit den städtischen Funktionsträgern und Gremien usw. als Basis von allem auszuführen. Hinzu kam die Vernetzung mit anderen Bibliotheken im Rhein-Main-Gebiet, die Präsenz in den entsprechenden bibliothekarischen Arbeitskreisen und dergleichen.

Ein großes Thema waren die Öffnungszeiten. Wir öffneten auf meinen Vorschlag hin auch samstags, was damals noch sehr unüblich war und mir Kritik vom Berufsstand der Bibliothekare einbrachte. Ich war aber immer der Auffassung, dass diejenigen Personen, die eine Bibliothek mit ihren Steuern finanzieren, auch in der Lage sein sollten, die Einrichtung selbst zu nutzen. Die Benutzer- und Ausleihzahlen gaben mir recht: sie lagen relativ zur Einwohnerzahl in der Spitzengruppe hessischer Bibliotheken.

Der Text, hier im PDF-Format, gibt mein Konzept, ja mein Credo öffentlicher Bibliotheksarbeit wieder, bereitet die Zahlen auf und macht Vorschläge für die weitere Entwicklung. 

Ich selbst schied nach Auslaufen meines Vertrages zum 31. Dezember 1989 aus meiner Tätigkeit in Rodheim vor der Höhe aus und wechselte zum 1. April 1990 als freier Mitarbeiter zur Hessischen Landesentwicklungs- und Treuhandgesellschaft (HLT) in Wiesbaden. Hier wurde ich Projektleiter für ein großes Vorhaben der EG zur regionalen Strukturentwicklung im Vogelsbergkreis.

Eingerichtet war die Stadtteilbibliothek Rodheim vor der Höhe damals (und ist es wohl bis heute noch) im Historischen Rathaus.

2. Juni 2024

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Hochgeladen am 2. Juni 2024. Zuletzt editiert am 27. Juli 2024.