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Ja, so ist das sommerliche Gefühl. Morgens früh milde, seidige Luft. Und der Garten zeigt seine Künste. So schön ist jedes Jahr dieser Duft, wenn man die Gartenwege geht, dieser Duft nach trockener, warmer Erde und der köstliche, ätherische Hauch der Rosenblüten.
Es ist Sommer. Und es ist doch wieder kein Sommer, denn der Dienstplan will sich dieses Jahr so gar nicht an die Jahreszeiten halten.
Aber schnell wird es sehr schwül und gewittrig, da von Nordosten nur mäßig-warme Atlantikluft auf die heiße afrikanische Strömung trifft. An der “Konvergenzlinie”, wie die Meteorologen sagen, wird es turbulent. 2 Tage dauert der heftige Kampf, dann gewinnt (natürlich) die Atlantikluft die Oberhand. Am 11. Juni ist es deutlich zu sehen, wie kühlere und klarere Luft die feuchtheißen Luftmassen nach Süden abdrängt. –
Der umgestürzte große Ast des Kirschenbaums hat in diesem Bereich eine neue Garten- landschaft gestaltet, nicht nur, dass man jetzt komfortabel an die Kirschen kommt. Zur Buchsbaumhecke hin ist schwer einsehbares und dichtes Gestrüpp entstanden. Als ich dort bei der Gartenarbeit tätig bin, fliegt eine Amsel auf. Sie hat sich dort sehr gut geschützt ein Nest gebaut und zwei türkis-farbene Eierchen reingelegt. Nur durch das Auffliegen habe ich das Nest überhaupt bemerkt. Mal sehen.... Ein Foto werde ich machen. Aber zu viel will ich nicht stören, sonst brütet die Amsel vielleicht nicht weiter. – Leider bemerke ich später, dass das Nest tatsächlich verlassen wurde...
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Im weiteren Monatsverlauf gar nicht mal untypisches Juni-Wetter mit einem Wechsel zwischen mäßig-warm und frisch. Dabei bleibt es weitgehend trocken. Nach meinem Gefühl scheint sich für den Sommer eine Westlage einzupendeln. Oder sollte es noch schlimmer kommen? Denn Mitte Juni verstärkt sich die Zufuhr nördlicher Luft, die nun auch zunehmend Wolken mit sich führt. An vielen Tagen bleibt die Tageshöchst- temperatur unter 20°. Jedoch wird es wieder sonniger und es bleibt weitgehend trocken, so dass es draußen bei dem hohen Sonnenstand nicht mal unangenehm ist. Ein wenig ist die Witterung wie in einem schönen Oktober. Aber die dieses Jahr überragend ausfallende Kirschenernte, die vielen Walderbeeren, die lange anhaltende Rosenblüte, die nicht enden wollenden, überlangen Tage erinnern einen wieder daran, dass Sommer ist.
“Es ist einem zumute, als ginge man über einen mit Blumen bestreuten Fußweg und müsse auf der Hut sein, die vielen Blüten und Blätter nicht zu zertreten.”
Es ist der Übergang vom Juni zum Juli, vom Frühsommer zum Hochsommer. Unten am Weg, wenn man auf der anderen Seite den Hügel hoch über die Felder und zur Burg hin schaut, sieht man, wie Ocker anfängt, sich unter das dunkler werdende Grün zu mischen.
Ein paar richtig sommerliche Tage. Die Schmetterlinge finden sich im Garten ein. Am Lavendel gleichzeitig oder kurz hintereinander: Kleiner Fuchs, Großes Ochsenauge (m/w), Kleiner Kohlweißling.
Wohl kein Vogelzwitschern löst bei mir so intensiv die Assoziation “Natur” aus, wie das des Buchfinken. Hier hat sich einer niedergelassen und singt von den höchsten Wipfeln der Streuobstwiese seine unverkennbaren Strophen. Ein paar Tage hört man aus einiger Entfernung noch ein zweites Männchen. Dann hat sich aber wohl “meins” durchgesetzt.
Photonenterror. Aber das sollte sich – zumindestens vorübergehend – ändern. Denn es gibt Regenwetter.
Am 6. Juli. Leichte, feine Wolken von Ost und heranziehende, von Feuchtigkeit getränkte Gewitterwolken von West. Es “was geben”. In den Abendstunden eine Wettererscheinung, wie ich sie so nie erlebt habe und richtig zu beobachten nur unten am Feld, wo man den ganzen Himmel sehen kann. In einem mächtigen Streifen, der sich exakt von Süd nach Nord bildet, ziehen dräuende, beinahe furchterregende Gewitterwolken heran und verdüstern den Himmel. Die Natur hält kurz inne. Dann kommt Wind auf. Regen, Sturmböen, Blitze, dumpfes Donnergrollen. Aber dann wird es doch nur ein mittelprächtiges Gewitter, dessen Kern an uns hier vorbei zieht.
“Dein Reich ist in den Wolken und nicht von der Erde, und so oft es sich mit dieser berührt, wird es Tränen regnen.”
Am 9. Juli drängt abends von Osten erneut eine mächtige, schwarze Wand heran, gewaltig in ihren Ausmaßen, über den ganzen Himmel reichend. Auf der Wand, wie Gesims, weißes Wolkengekräusel. Und diesmal blitzt und kracht es heftiger.
Ein weiteres magisches Juli-Datum wird hinzugefügt: der 14.7.14.
Hochsommer. Die Luft, die Mitte Juli zu uns vorgestoßen ist, ist sehr warm und schwül. Sie scheint eine höhere Konsistenz zu haben als “normale” Luft, scheint zäher zu sein. Fast ist es so, als würde man sich in einem Meer befinden.
Seit langem zeigen sich im Garten mal wieder Säugetiere. Zwei Mäuse laufen sich nach, über die Wege und quer durch die Beete. Die raschelnden Blätter haben sie verraten.
Wie sich doch immer wieder dieselben Schmetterlingsarten im Garten und auf der Wiese einfinden, wenn es auch manchmal Jahre dauert, bis man mal wieder bestimmte Arten sieht. Nachmittags am Sitzplatz leistet mir ein Waldbrettspiel Gesellschaft, setzt sich sogar auf die happinez-Seite. Ein paar Tage später ein frisch geschlüpftes Landkärtchen mit der orange-roten Binde über die Flügel.
Wie ich meine, markiert die Mitte des Monats Juli, spätestens die am 20. Juli beginnende dritte Dekade bereits den Übergang zum Spätsommer. Die ersten Blüten der Staudensonnen- blume “Lemon Queen” öffnen sich... Die ersten bunten Blätter des Kirschbaums liegen am Boden... Auch die Tageslänge geht spürbar zurück. Durch die unsinnige Sommerzeit war es über viele Wochen abends geradezu grotesk lange hell. Sicher ein Fall für die Tagediebe in den großen Städten, aber wohl kaum für die werktätige Bevölkerung.
Auch weiterhin ist es im allgemeinen warm bis sehr warm, aber auch häufig feucht und schwül. In 5 km Höhe hat sich ein Tiefdruckwirbel gebildet, so haben es die Meteorologen herausgefunden. Und am 24. Juli zieht sich direkt über uns eine Gewitterzelle zusammen, die uns die größten Hagelkörner bringt, die ich gesehen habe. Auch in der Folgezeit bleibt das Wetter unruhig mit häufigen Gewittern und Schauern.
“Das liegt aber an ihrer eigenen Auffassung: ihr romantisches Auge stand über ihrem Leben wie der Mond, der ein am Tage alltäglich bürgerliches Gärtchen bei Nacht in eine Zauberei verdämmert.”
Anfang August. Weiterhin drückende Schwüle in von Südwesten herangeführten Luftmassen.
Ungewöhnlich häufig von den einheimischen Schmetterlingen ist dieses Jahr der wärme- liebende Mauerfuchs anzutreffen. Nicht nur an der nach Süden gelegenen Böschung Richtung Winkels waren viele Exemplare zu sehen, sondern einer flatterte auch in meinem Garten herum. Dann auch ein riesiges, prachtvolles Exemplar des Admirals, besonders eindrucksvoll auf dem Flechtenbewuchs des abgestürzten Kirschbaumastes.
Am Abend des 5. August, als der allerletzte Rest des Tageslichtes noch am Himmel hängt, eine Sternschnuppe! Sehr tief und groß ist sie und flackert auf dem letzten Rest ihres Weges ein bisschen unruhig ihres Weges entlang. Der übliche Wunsch, die übliche Versagung des Wunsches....
Was ist das für ein Zirpen da im Hof? Sind die Grillen da? Nein, ein riesiges, grasgrünes Heupferd sitzt unbeweglich und getreu auf einem Fächer der Washingtonia-Palme. Wusste ich bislang gar nicht, dass die auch zirpen.
Am 7. August wird abends unten am Feld der zweite Teil der Kornernte eingebracht. Mehrere furchterregende mechanische Ungetüme (“Massey Ferguson”) sind unterwegs. Lärmend, aber ungeheuer effektiv und in Windeseile mähen und dreschen sie die Felder.
“Es ließen sich nicht alle Ansichten buchstäblich beweisen, sondern mussten von einem universellen Standpunkt aus kombiniert, mit genialem Sinn geahnt und aus der Kenntnis der menschlichen Phantasie heraus erspäht werden.”
Die Rotschwänze haben Junge durchgebracht. Die noch grauen Jungvögel haben schon das typische Verhalten der ausgewachsenen Exemplare. Sie hocken auf ihren Warten und machen ihre Knickse. So, wie früher die Mädchen einen Knicks gemacht haben, wenn sie jemandem vorgestellt wurden. Die Jungen machten einen Diener, das heißt, sie nickten mit dem Kopf. –
Nur in ganz wenigen Jahren reifen an meinem Feigenbäumchen einmal Früchte heran. Nur wenn es ein ungewöhnlich milder Winter war, frieren nämlich die Zweige nicht zurück. Und dann muss man aufpassen, weil die Früchte dieser Sorte (“Bauernfeige”) sehr plötzlich reif werden. Am 9. August kann ich die erste Feige ernten. Wie ich diesen würzig-süßen Geschmack und speziell dieses Körnige auf der Zunge liebe! Sechs Stück werde ich dieses Jahr genießen können.
Am 10. August nimmt der Vollmond, was er einen genau einen Mond vorher gebracht hat: das schwül-warme Wetter wird mit starken Regengüssen beendet. Ganz schnell ist es Herbst. Und der Sommer wird auch dieses Jahr nicht mehr kommen.
Die frische, kühle Luft, die uns einige oktoberähnliche, klare Tage beschert, ist willkommen! Schöne Ausflüge lassen sich machen, unter anderem auf der Suche nach Rheinromantik und auch nach der verlorenen Zeit. Wichtig an diesen Tagen ist es, früh im sonnigen Morgen loszufahren, da regelmäßig die Bewölkung mit fortschreitender Uhr zunimmt, bis der Himmel fast ganz bedeckt ist.
Die Tagestemperaturen erreichen hier in den mittleren Lagen nur noch höchstens 13° bis ausnahmsweise 18° Celsius. An den Gestaden des Rheins hingegen darf der Reisende sich nochmals an bis zu 21° erfreuen. Er wandelt nun, die herrliche Luft voll einschnaufend, durch die kristallklare, mit allen Farben versehene Helligkeit. Auch Wiederentdeckung der kleinen Konditorei (“da saßen wir zwei bei Kuchen und – ”).
Die Meteorologen wollen ein “sommerliches Intermezzo” herbeireden, dessen Anzeichen sie in ihren Modellen gesehen haben wollen, scheitern mit ihren Prognosen jedoch kläglich.
Insbesondere den Bewohnern der Ballungszentren, die im Sommer bis tief in die Nacht in den Straßencafés und Biergärten der aufgeheizten, zubetonierten und “lichtverschmutzen” Innenstädte sitzen, scheint jedes Gefühl für die Jahreszeiten verloren gegangen zu sein. Am 25. August, einem Datum, an dem früher jeder wusste, dass der Sommer unweigerlich zu Ende geht – selbst, wenn man sich nicht nach dem Naturkalender richtet, der den Herbstanfang auf den 1. September legt – wendet eine Moderatorin im Frankfurter Sender protestierend ein: “Wir sind doch eigentlich noch im Hochsommer!” Ein im Studio anwesender Vogelkundler, der es besser wissen müsste, schweigt dazu aus falsch verstandener Höflichkeit.
Auf der Kuhweide unten am Weg zeigte sich schon die Herbstzeitlose. Und der Kirschbaum fängt bereits an, sich zu färben.
Dass allerdings Ende August im Park des ehemaligen herzogliches Sitzes schon die reifen Kastanien von den Bäumen purzeln, ist für ein Landkind vom Westerwald kaum zu begreifen. Es ist derselbe Park in klimatisch bevorzugter Lage, in dem angeblich auch Papageien hausen.
Und so geht ein Sommer zu Ende, der meistens recht warm war, dann nass wurde und schließlich in einen frühen Herbst übergehen wollte.
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