Peters

Garten- und Naturtagebuch

2010

2010/11

2011/12

2012/13

2013/14

 

Winter 2012/13

Der Vollmond hat zum Monatswechsel ein winterliches 1. Adventswochenende
herbeigezaubert.

Am 2. Adventswochenende eine weißverschneite Landschaft. Gegen Mittag, es ist
Samstag, der 8. Dezember, ziehen noch mal Kraniche unter einem kalten, sonnigen,
von leichten Wolkenstreifen gesäumten Himmel gegen Südwesten. Ungewöhnlich spät
im Jahr. Und ein sehr großer Schwarm.

Spätnachmittags unten am Feld, schon ziemlich weit im Tal, gehe ich ein Stück in einen
Seitenweg hinein. Da! Ein Marder, wahrscheinlich ein Baummarder, kommt aus dem
Gebüsch und hoppelt quer übers Feld, dabei einen Buckel machend. Am Wegrain
angelangt, bewegt er sich nun in der Deckung, bis er mir aus dem Blick gerät.

Am Sonntag langanhaltende Schneefälle. Tiefer Winter.

Vor dem 3. Advent bringt der Neumond Tauwetter.

Am Samstag gegen Einbruch der Dämmerung unten am Feld eine ganz eigentümliche,
aber auch harmonische Stimmung. Die hügelige, wellige Landschaft diesseits und jenseits
des Tals. Es ist recht mild. Durch die Scheedecke kommt in einem bestimmten Muster die
bräunlich-grünliche Bodendecke zum Vorschein. Über dem hochliegenden Horizont ist
etwas Abendrot zu sehen. Am Himmel zieht aus Südwesten eine aufgelockerte Bewölkung
rasch dahin. Boden und Wolken bilden nach Muster und Farbe eine Entsprechung. Am
Boden ist es fast windstill.

Über die Landstraße auf der gegenüberliegenden Anhöhe bewegen sich zügig die Lichter
der Autos. Die Reifen erzeugen auf der nassen Straße ein Rauschen, das an- und ab-
schwellend ständig zu hören ist. Früher fuhr Samstags nachmittags auf dem Land
kaum ein Auto. Jetzt sind die Menschen ständig unterwegs, immer in Eile.

Was begegnet mir auf meinem Weg? Ein Reh. Über dem Feld ein Milan.

Das deutliche Gefühl, dass etwas zu Ende geht. Der Tag. Das Jahr. Was noch? –

Das milde Wetter bleibt uns lange erhalten. Es sind einige schöne Tage dabei, mit
wechselnder Bewölkung, aber oftmals ist es trüb und feucht.

Erst zu Beginn der zweiten Januardekade bringt der Neumond eine grundlegende
Umstellung der Großwetterlage. Es wird kalt.

 

 


rinde_4

Für mehrere Tage zieht sich von Nordwest zu Südost ein schmaler Streifen über
Deutschland, in dem der Himmel klar ist. Diese “Lücke” trennt die kalten Luftmassen,
die von Nordost hereinströmen, von den milden Luftmassen eines Tiefdruckgebietes
im westlichen Mittelmeer. Genau in dem Streifen liegen wir und können ein paar Tage
den so lange vermissten blauen Himmel und die klare Luft genießen. Hingegen sind nach
Westen, zum Rheinland hin, deutlich die dort teils dick hängenden Wolken zu sehen.
Es sollten auch in unserer Gegend für mehrere Wochen die letzten Sonnentage sein.

Dauerfrost setzt ein. Die Wildtiere müssen sehen, was sie zu Fressen bekommen. Auf
dem Nachbarsgrundstück ist der Boden unter einem Apfelbaum übersät mit Fallobst.
Zwischen Amseln und auch zwei, drei Drosseln toben Revierkämpfe um die paar Quadrat-
dezimeter, wo “ihre” Äpfel liegen. Unentwegt hacken die Vögel auf die gefrorenen Früchte,
ständig auf der Hut, auffliegend, drohend, wobei sie so viele Kalorien verbrauchen, wie
die gefroreren Obststückchen ihnen wohl höchstens einbringen können...

 

 


amseln_1

hortensien_winter_6

aeste_2013_1


rinde


rinde_3
Verwitterte Rinde, Moos, Flechten und Schnee bilden faszinierende Muster.

spuren
Fußabdruck einer Katze.

 

 

Im Garten Tierspuren im Schnee, vielleicht von einem Fuchs. Auch von Vögeln. Ich sehe
nun, dass an den Garben genascht wurde, die ich im Herbst geschnitten und vor Weih-
nachten aus der Wohnung vor den Garten gelegt hatte. Das Vogelhäuschen kommt raus.
Ziemlich schnell bezieht eine männliche Amsel Stellung. Nur zwei weibliche Amseln
dürfen schon mal kurz ran, eine Blaumeise stiebitzt sich mal hurtig was, ansonsten wird
das Häuschen streng bewacht, entweder direkt am Eingang oder vorne unter meinem
Auto hockend. Viel Schnee frisst die Amsel auch.

hortensien_winter

Der Wechsel von der zweiten zur dritten Januardekade bringt eine weitere
Einwinterung. Und ein Wetterphänomen: Eisregen bei -6°.

In der Folge ist weiter “richtiger Winter”. Der Himmel bleibt dabei meist wolkenverhangen
oder hochnebelartigel bedeckt.

Am 27. Januar, exakt zu Vollmond, setzt Tauwetter ein. Zunächst schneit es aber dicke,
schwere Flocken wie aus dem Märchenbuch. Frau Holle macht da oben die Betten.

hortensien_winter_4

Am Ende des Monats werden die Wetterdienste schreiben: “Trübster Januar seit über
60 Jahren”.

Ein paar nasskalte Tage Anfang Februar sind nur ein Übergang. Denn zwischen einem
mächtigen Tiefdruckgebiet über den Britischen Inseln und komplexen Tiefdrucksystemen,
die sich von Ost- bis Südeuropa erstrecken, werden wie auf einer gigantischen Himmels-
Autobahn nordische Luftmassen auf direktem Wege nach Westeuropa geführt.

Und so kommt es zu einem erneut winterlichen, ja nochmals hochwinterlichen
Witterungsabschnitt. Immer wieder Schneegestöber. Die Landschaft wird märchenhaft
verzaubert. Und wenn die unerbittlichen Streudienste doch einmal zurückbleiben:
reines Weiß, so weit das Auge reicht. Kindheitserinnerungen.

Aber wieder nur extrem wenige Sonnentage. Ein einziger, perfekt schöner Tag, passend
zum Neumond: Sonntag, der 10. Februar, an dem morgens das unten gezeigte Photo
entstand. Interessant dabei der Unterschied in der Farbtemperatur im Vergleich mit
den oben gezeigten Bilder, die mittags im diffusen, milchigen, neutralen Licht unter
einem wolkenverhangenen Januartag entstanden. Und dann das blaue, klare Licht
eines sonnigen Februarmorgens.

schnee_2

Den Weißabgleich habe ich jeweils auf dem vom Sensor der D700 gemessenen
Wert belassen.

In der Folge bleibt es lange kalt. Ein weiteres Symptom dafür, dass – wie unvoreingenommene
und von der Klimahysterie nicht infizierte Meteorologen herausgefunden haben – der
Temperaturanstieg seit 1998 und verstärkt seit 2008 gebrochen ist.

Am 19. Februar, während einer kurzen “nur” nasskalten Phase,  fliegen die Kraniche.
Ein riesiger Schwarm in einer großen, geschwungenen Linie und zwei kurzen Linien
zieht um 17.30 Uhr unter einem grauen Himmel über unser Dorf hinweg nach Nordosten.
Nun kann der Frühling nicht mehr weit sein. Auch die Stare sind schon da.

Doch erneut Dauerfrost und immer wieder Flockenwirbel. Für die Wildtiere wird es jetzt
schwierig, noch Nahrung zu finden. Öfters sehe ich Raubvögel, die auf leichtsinnige
Mäuschen lauern. Mehrmals tagsüber auch Rehe, die auf den Feldern unterwegs sind.
Ein Fuchs streift umher. Ein Eichelhäher kommt beim Nachbarn bis ans Vogelhäuschen.
Die Tierarten, die gesammelt haben (Nüsse, Samen, Früchte), scheinen momentan im
Vorteil zu sein...

Am letzten Februarwochenende fährt der Winter noch mal groß auf.

Und so war der diesjährige Winter wie so oft in den letzten Jahren ein insgesamt ziemlich
kalter und das, was man einen “richtigen Winter” nennt. Und im März sollte noch mal
ein “ordentlicher” Nachschlag kommen. Auffällig (aber schonend für die Augen des
Verfassers) die ganz wenigen Sonnentage. Der trübste und dunkelste Winter
seit Beginn der Aufzeichnungen. –

“Ich wollte die Augenblicke gern genauso wiederfinden, wie ich mich ihrer erinnerte. (...)

Lange schon waren die Frauen wieder fort, als ich die verlassenen Wege noch immer
vergeblich befragte. (...) Es genügte, dass Madame Swann nicht mehr als immer die
gleiche im gleichen Augenblick unter ihren Bäumen erschien, und schon war die Avenue
eine andere geworden. Die Stätten, die wir gekannt haben, sind nicht nur der Welt des Raums
zugehörig, in der wir sie uns denken, weil es bequemer für uns ist. Sie waren nur ein schmaler
Ausschnitt aus den einzelnen Eindrücken, die unser Leben von damals bildeten; die Erinnerung
an ein bestimmtes Bild ist nur wehmutsvolles Gedenken an einen bestimmten Augenblick; und
die Häuser, Straßen, Avenuen sind flüchtig, ach! wie die Jahre."

 

 


 


 

 

Home