Peters

Garten- und Naturtagebuch

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Frühling 2011

Es war ein langer und sehr schwerer Winter.

Die ersten Märztage bringen ziemlich frisches, aber klares und sonniges Wetter. Frühling ist es noch nicht. Zeitweise bläst ein empfindlich kalter Ostwind.

Am 4. März sehe ich bei den Schneeglöckchen die erste Biene herumschwirren. Was zu finden scheint sie aber noch nicht.

schneegloeckchen_2011

Am 5. März, offenbar gibt es in der Höhe eine leichte südwestliche Strömung, ziehen mehrmals Kraniche vorbei, darunter ein Schwarm, der der größte ist, den ich bisher gesehen habe. Der muss sich über mehrere hundert Meter erstrecken.

Rote Milane tauchen auf. Die erwachende Natur beschert ihnen Beute. Der Rote Milan hat eine außerordentlich große Flügelspannweite und kreist tiefer über Siedlungen als jeder andere heimische Großraubvogel. Kinder aus der Nachbarschaft glauben, sie hätten einen “Adler” gesehen. Einer dieser “Adler” sei einmal gar bis in den Hof gekommen und habe ein Kätzchen schnappen wollen...

Gegen Ende der 1. Märzdekade dreht der Wind auf südwestliche Richtungen und leitet somit eine mildere Witterungsphase ein. Die Macht des Winters scheint gebrochen.

Nach und nach streue ich noch den Rest des Vogelfutters in den Hof. Hauptsächlich die Spatzen sind es, die ich seit den Januartagen häufiger im Hof beobachte. Sie kommen gerne in den Morgenstunden, wenn es richtig hell ist. Gelegentlich sieht man auch einige andere Finkenvögel und Kohlmeisen sowie ab und zu zwei Türkentauben.

Am ersten vorfrühlinghaften Wochenende, am 12. März, ein intereressantes Bild: drei Vögel bei den Körnern. Ein Spatz, ein Grünfink und ein Buchfink. Mehrmals fällt mir auf, wie aufmerksam die Vögel sind. Das Köpfchen ist immer in Bewegung, um die Umgebung im Auge zu behalten. Dabei bleiben die Spatzen am längsten auf dem Boden, wenn andere Arten schon durch eine Bewegung, die sie registriert haben, aufgeflogen sind.

Die dritte Märzdekade bringt strahlenden Sonnenschein und klare, frische Nächte, beginnend mit dem Vollmond am
19. März.

Am 22. März 2011 sehe ich am Weg bei den Weidenkätzchen die ersten beiden Schmetterlinge: Kleiner Fuchs. Diese Exemplare müssen wohl überwintert haben.

Auf meiner Wiese kommen an warmen Stellen nach den ersten Duftveilchen auch zwei Blausterne zum Vorschein, die sich wild angesiedelt haben. Die nächsten Frühblüher...

Die zerbrochene Scheibe, der Unfall mit der Gartenschere, der tote Schmetterling auf dem Dachboden. Was hat das alles zu bedeuten? Und dann bringt mich auch noch die alljährliche, völlig unsinnige Umstellung der richtigen und natürlichen Zeit auf die “Sommerzeit” aus dem Rhythmus.

Am 2. April ein schon fast sommerlicher Tag. Der Südwind weht warme Luft aus Spanien heran. Der erste Schmetterling im Garten: ein Zitronenfalter.

Die Vögel sind schon seit Tagen in heller Begeisterung und völlig ekstatisch. Der Frühling ist da! Jaaaa! Es ist die übliche Gesellschaft, die sich in meinem Garten trifft: ein turbulenter Spatzenpulk, ein paar Blau- und Kohlmeisen, Amseln – und dann sehe ich wieder einen Distelfink.

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Nach ein paar leichten Regenfällen bringt der Rest der ersten April-Dekade Bilderbuchwetter. Frühlingshafte Temperaturen und strahlend blauer Himmel führen dazu, dass die Natur geradezu explodiert. Schnell sind jetzt auch die Knospenansätze der Pfingstrosen sichtbar.

Noch vor einiger Zeit dachte man, dieses ewig Dunkle und Kalte, was so lange war, geht nie vorbei, nie nie nie.

Dann auf einmal ist die Wiese grün, alles blüht, überall Vögel, Insekten, ein Zwitschern und Summen und Vibrieren um einen herum. Man fühlt sich wie hineinkatapultiert in eine andere Zeit, in ein anderes Leben.

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Am 10. April fängt der Kirschenbaum an zu blühen. Das erste Mal wieder draußen essen. Wie schön das ist. Weitere Schmetterlinge tauchen auf, aber nicht in fotografierbarer Entfernung.

11. April. Ein milder, schon fast sommerlicher Abend. Ganz unten am Weg links und rechts von mir überreichlich weiß blühende Kirschbäume und Schwarzdornbüsche.

Da sehe ich, wie sich dicht mit Blüten besetzte Kirschbaumzweige sachte im Abendwind wiegen. Vom Abendrot fällt seitlich ganz leichtes rosa Licht auf die
Blüten. Ich muss innehalten. Dieses sanfte Wiegen. Eine magische Szene. Aber welche Erinnerung ist es nur, die hochkommen will? So sehr ich auch nachdenke, es fällt mir nicht ein.

Vielleicht ist es auch gar keine einzelne Erinnerung. Vielleicht geht es um etwas immer Wiederkehrendes, Frühling und Sommer, die immer wiederkehren, auch wenn ich nicht mehr da bin und bis ans Ende der Zeit. Eine Wellenbewegung, wie die Zweige. –

Dann folgt schlagartig und ganz so, wie es dem April eben beliebt, eine ziemlich frische Phase, die trotz besserer Wettervorhersagen fast die ganze zweite Dekade anhält. Am
16. April sehe ich die erste Schwalbe am Himmel, am nächsten Tag folgen weitere. Das ist vier Wochen früher als letztes Jahr!

Erinnerungen an andere warme April-Monate werden wach. 1975 zum Beispiel. Oder 1980 und 1988.

Mit Vollmond und gegen Ende der zweiten Dekade zeigt sich der April mit seinem schönsten Gesicht. Hochdruckwetter und strahlendster blauer Himmel, insgesamt bereits sehr an Mai erinnernd. Dabei kommen jetzt erst die Tulpen. Entwicklung wie im Zeitraffer.

Ich verbringe viele Stunden draußen, auf Fotoexkursionen mit meiner phantastischen neuen Nikon D700, auf Schmetterlingsjagd (nur mit der Kamera!) oder natürlich im Garten!

Im Garten begleitet mich jetzt unablässig das Summen von Bienen und Hummeln. Vor allem das Lungenkraut, das ich aus meinem Hirzenhainer Garten mitgebracht habe, hat es ihnen angetan. Lungenkraut stellt eine der ersten Bienenweiden im Jahr dar.

Interessant ist es immer wieder, die Spatzen zu beobachten. Vor einigen Tagen haben sie im Hof die Samen des frühesten Unkrauts, dessen Namen ich nicht kenne, aufgepickt. Jetzt kämmen sie genießerisch die Blüten des verschwenderisch und im strahlendsten Weiß blühenden Kirschbaums durch. Zunächst rätselte ich, was die Spatzen in den Blüten verloren haben, da sie diese ja nicht essen werden. Dann wurde mir schnell klar, dass sie sich die Insekten aus den Blüten holen. Was dabei an Blütenmaterial zu Boden fällt, kümmert sie nicht weiter.



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Ein Roter Milan auf Beuteflug.

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Lässt man die Schneeglöckchen in Ruhe, breiten sie sich über die Jahre schön aus.

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Die rote Christrose öffnet dieses Jahr erst gegen Mitte März ihre Blüten.

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Das erste Duftveilchen (Viola odorata).

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Blausterne.

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Das Scharbockskraut breitet sich in meiner Wiese immer mehr aus.

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Die Blaumeise bleibt schön in der Deckung.

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Seit ich den bereits eingesäten Garten in Reichenborn wieder angelegt habe und naturnah kultiviere, ist er ein El Dorado für Hain-Bänderschnecken geworden.

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Der alte Kirschbaum auf der Wiese fängt an zu blühen.

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Die Wiese in saftigstem Grün.

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Einige Tage später sind die Apfelbäume voll erblüht.

 

 

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Alles kommt jetzt wieder. Da sehe ich wieder den Gartenrotschwanz, der die frisch gemähte Wiese der Nachbarn absucht.

Das Türkentauben-Pärchen hingegen lässt sich niemals auf der Wiese nieder - viel zu gefährlich. Man sitzt vielmehr auf der Telegrafenleitung, wo man allerdings vor dem bösen Roten Milan auf der Hut sein muss. Wiederholt ist mir aufgefallen, dass die Türkentauben auch gerne auf dem gepflasterten Hof sitzen. Die Basaltsteine haben exakt denselben Grauton wie ihr Gefieder.


Es gelingt mir, am Waldrand Aufnahmen von frühen Schmetterlingen zu machen. Wie faszinierend die Schmetterlinge doch sind. Und wie viel es über sie zu lernen gibt. Ich hätte früher z. B. nie gedacht, dass bestimmte Arten überwintern können.

Nun fotografiere ich einen C-Falter, der ziemlich ramponiert aussieht, und ein Tagpfauenauge, das ebenfalls arg mitgenommen ist. Eindeutig zwei Exemplare, die überwintert haben! Den C-Falter sehe ich danach nur noch kurz, während das Tagpfauenauge einige Tage lang immer wieder an derselben Stelle auftaucht.

Zu Ostern hin traumhaftes, frühsommerliches Wetter. (Das Osterfest liegt dieses Jahr sehr spät, und die Osterferien enden am 1. Mai, was es noch nie gab.) Die Luft ist schwer mit Düften und Pollen. Die Apfelblüte hat begonnen, kurz vor der Fliederblüte. Das ist nach dem “phänologischen Kalender” der Beginn des “Vollfrühlings”.

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Am Waldrand und momentan überall auf den Wiesen tanzen die Aurorafalter hin und her. Aber würden sie sich vielleicht mal hinsetzen, dass ich sie fotografieren kann! Sie sind auf der Balz, nippen nur mal kurz am Nektar des Wiesenschaumkrauts, ihrer hauptsächlichen Wirtspflanze, und flattern wieder los. Es ist zum Verzweifeln! Und dann, am Weg nach Winkels gelingen mir doch noch ein paar ganz gute Aufnahmen! Und tagsdrauf, erneut am Waldrand, sogar von den so schön gefärbten Männchen mit den orange gedippten Flügelspitzen! Im Englischen heißt der Aurorafalter ja auch “Orange Dip”.

Mitte der Osterwoche (die auf die Karwoche folgt - und nicht die Karwoche ist) zieht ein Höhentief (ein “Kaltlufttropfen”, wie die Meteorologen jetzt sagen) von Osten über die Mitte Deutschlands hinweg und leitet eine wechselhaftere Witterung ein.

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Die drei Fliederbäume, die ich vor einigen Jahren am Gartenzaun gesetzt habe, entwickeln sich jetzt recht gut, nachdem es in den ersten Jahren nur ganz langsam ging. Zwei lilane und ein weißer sind es.

Wie betörend der Fliederduft ist. Ja, diese drei klassischen Düfte sind es: Flieder, Veilchen und Maiglöckchen. Maiglöckchen hatte ich früher auch in meinem Garten in Hirzenhain. Das war so eine schöne kühle Stelle, an der Sandsteintreppe, unter dem seitlichen Japanischen Kirschbaum.

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Anfang Mai ziehen die (verfrühten) Eisheiligen mit trockenen, aber kalten und unangenehm böigen, nördlichen Winden durchs Land. Der Himmel bleibt meist klar und blau.

Am 6. Mai dreht die Luftströmung auf süd. Eine sommerliche Periode fängt an. Es ist weiterhin ungewöhnlich trocken.

Anfang der zweiten Mai-Dekade fange ich sogar an, meinen naturnahen Garten, den ich normalerweise überhaupt nicht gieße, ein bißchen zu wässern. Eine Beetreihe jeweils im 4-Tage-Abstand. Denn durch die große Trockenheit und Wärme blühen viele Pflanzen jetzt sehr früh und auch ziemlich kurz. Tatsächlich ist es durch den diesjährigen Witterungsverlauf so, dass noch späte Tulpen blühen und gleichzeitig die ersten Pfingstrosen und Wildrosen mit der Blüte einsetzen.

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Nach einer kurzen kühleren Periode, die nur ein wenig Regen bringt, setzt Mitte des Monats wieder der “Maisommer” ein. Dabei werden im Wechsel frühsommerlich warme und leicht frische Luftmassen herangeführt.

In diesen Tagen fotografiere ich viel im Garten und verwende dabei meine neue Nikon D700. Ich beschäftige mich erstmalig mit dem RAW-Format. Damit kann ich endlich das Scharlachrot der Pfingstrose angemessen wiedergeben!

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19. Mai. Abends unten am Feld. Ein Kaninchen kommt auf dem Weg nach oben gelaufen, bis es ganz nah an mir ist, vielleicht vier Meter. Dann, etwas zögernd, geht es lieber seitwärts ins kniehohe, grüne Getreidefeld und versteckt sich bewegungslos. Mich extrem langsam bewegend, kann ich noch ganz nah an es rankommen. Ganz still, aber auch etwas ängstlich und schutzlos hockt das Kaninchen da. Bis es schnell weghoppelt.

Der stark bewölkte Abendhimmel. Aquarellartig verlaufende Farbabstufungen von orange, aubergine und bläulich-grau. Dann der Regenbogen über der Burg, ungewöhlich spät (es ist 21 Uhr). Sind das alles Zeichen? Wofür?

chianti

Wieder zu Hause, geht der langersehnte Niederschlag in Form von heftigen Schauern nieder. Es ist der erste richtige Regen seit langer Zeit. Viele neugeborene oder -geschlüpfte Tiere werden sich wundern, was das ist. Hoffentlich hat das Kaninchen eine gute Höhle, wo es schön trocken bleibt.

An den folgenden Abenden sehe ich mein Kaninchen noch öfters.

In diesem Frühjahr hat es bereits ungewöhnlich viele frühsommerliche Wochen gegeben. Und nach dieser kurzen unbeständigen Phase, in der es insgesamt dann doch nicht viel geregnet hat, ist das Wetter erneut sonnig, klar und trocken. Zusammen mit den Päonien sind in der letzten Mai-Dekade die Rosen schon voll am blühen und die Erdbeeren reifen. Alles deutlich früher als sonst.

Gegen Ende des Monats wechseln sich warme und etwas frischere und windige Wetterphasen immer häufiger ab.

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In meinem Garten kann man schwelgen in wahren Meeren aus Rosenblüten und -düften. Wie im Dschungel bahne ich mir meinen Weg durch tiefhängende, volle und prächtige Rosenzweige. Das Pfingstrosenbeet blüht so übermäßig, dass man es kaum erfassen kann. Und die Erdbeeren, die wegen dem fehlenden Regen dieses Jahr zwar nicht so ganz riesengroß geworden sind, sind aber umso schmackhafter. Und das alles schon Ende Mai!

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Nicht nur ich, auch die Insekten erfreuen sich an meinem naturnahen Garten. Nachdem die Akeleien verblüht sind, ist es nun die halbgefüllt blühende historische Rose “Tuscany”, die es den Bienen und Hummeln angetan hat.

Das ist aber noch gar nichts gegen meine Päonien-Sorten mit offenen Blüten. Insbesondere in der weißen Päonie “Krinkled White”, eingeführt 1928 vom amerikanischen Züchter Brand, wimmelt es nur so von Bienen, wie ich es noch nie gesehen habe. Der Pollen dieser Pfingstrose ist überreichlich vorhanden und scheint besonders nahrhaft zu sein.

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Am 30. Mai ein erster hochsommerlicher Tag. Am 31. Mai sehe ich ein Taubenschwänzchen. Dieses ist wohl zusammen mit der warmen Luft aus dem Süden gekommen. Mittags gibt es eine Abkühlung und ein wenig Regen. Damit endet etwas atypisch ein schöner Frühling, wie es ihn selten gab.

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Vergissmeinnicht in Nahaufnahme.

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Die Sonne schafft schöne Kontraste in meinem Apfelgarten.

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Die rosa chinesische Baumpäonie blüht das erste Mal - seit dem Erwerb 1998!

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Ein Distelfink-Pärchen hat sich in der Umgebung niedergelassen.

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Die Fliedersträucher, die ich gesetzt habe, entwickeln sich jetzt kräftig.

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Der Schneeball, von mir als Hochstamm gezogen, wird jedes Jahr schöner.

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Der kleine Ehrenpreis ist eine meiner Lieblingsstauden.

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Die Rosa rugosa ist immer die erste Rose, die blüht. Und mit dem Sensor der D700 und RAW ist das Pink der Blüten für mich zum ersten Mal digital vernünftig abbildbar.

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Die von mir so geliebten Blüten der Eberesche.

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Die weiße Päonie säte sich selbst aus.

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Schöner Rosenbegleiter: Storchschnabel.

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Die historische Rose Alba Maxima, auch “Jakobiterrose” genannt und im Wappen der Rosenkriege geführt.

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Die mächtige Rose “Kazanlik” vor dem typisch blauen Himmel des Frühlings 2011.

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Der “Dschungel”.

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Jedes Jahr wieder überraschend schön: “Tuscany” (auch “Samtrose” genannt), eine Alte Rose, eingeführt vor 1596.

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An Rosen mit geöffneten oder halbgeöffneten Blüten erfreuen sich auch die Hummeln.

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Tour de Malakoff (1856).

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Die Päonien blühen überschwenglich. Besonders schön finde ich die offen blühenden Sorten.

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Rosa mundi 2011.

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Eine Wand aus Alba Maxima, Centifolia und Kazanlik.

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Nochmals Alba maxima.

 

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