Peters

Garten- und Naturtagebuch

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Sommer 2012

Die letzten beiden Mai-Dekaden hatten endlich wärmeres Wetter gebracht.
Die Hoffnung auf eine langanhaltende Hochdruckphase sollte jedoch trügerisch sein.
 

 

 

schneeball_2012

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Anfang Juni gibt es ein paar Sonnenstunden und die Gelegenheit, in meinem Rosengarten zu fotografieren. Unterhalb des Schneeballs zeigen die Bilder die englischen Rosen Mary Rose und Constance Spry.

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Ansonsten ist das Wetter in der ersten Juni-Hälfte sehr wechselhaft. An einigen Tagen Temperaturen um die Mittagszeit von 11° oder 12°. Die Meteorologen verscherzen sich die letzten Sympathien mit der Behauptung, das sei alles “völlig normal”. Verwiesen wird unter anderem auf die Sommer, wie sie in Deutschland zur Zeit Heinrich Heines herrschten. Da hatten wir aber eine Kleine Eiszeit...

An einigen wenigen Tagen herrlicher, milder Wind bei schnell wechselnder Bewölkung.

schneeballblueten_2012

Noch nie habe ich im Mai und Juni so wenige Insekten gesehen – Folge der barbarischen Kälte im Februar und vielleicht auch des nasskalten Wetters im April.

Insbesondere die Schmetterlinge scheint es massenhaft dahingerafft zu haben. Sowohl im Garten als auch auf den Wiesen um das Dorf herum ist kaum was zu sehen. Ganz selten flattert einmal ein einzelner Schmetterling traurig herum...

An manchen Tagen ist der Regen etwas wärmer. Aber die Stimmung bleibt: “November”. Von Unterbrechungen abgesehen, entspricht das auch seit acht Monaten der vorherrschende Wetterlage.

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Die Chianti an einem windigen Tag.

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Auf dem ganzen Grundstück hat sich Saatmohn ausgesät. Früher wäre ich auf einem Dorf dafür “gesteinigt” worden, Saatmohn, der sich unglaublich aggressiv ausbreitet, zu “züchten”.

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In diesen Tagen sieht man viel weniger Insekten als üblich.

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Für den Sommer deutet sich nach meiner Einschätzung immer mehr eine insgesamt
mäßig warme, aber sehr wechselhafte Westlage an. –


Einmal abends, es ist noch ziemlich hell, aber die Fußball-Enthusmiasierten haben
Straßen und Gärten geräumt, kommt vom Seiteneingang her ein Steinmarder in
den Hof, so, als wäre er schon hundert Mal diesen Weg gekommen. Ich verhalte
mich ganz ruhig, aber natürlich merkt er, dass da normalerweise niemand steht,
schleicht unruhig ein bisschen herum, und verduftet dann lieber wieder. –

Viele Wolken, oft Regen. An den wenigen trockenen Tagen muss hurtig die Gartenarbeit
(das Nötigste gegen das fröhliche Urständ’ feiernde Unkraut!) erledigt werden. Man
wundert sich, dass in so einem Land, in dem meist mieses Wetter ist, überhaupt
Menschen leben.

Es naht der Siebenschläfertag, der den weiteren Verlauf des Sommers indiziert.
Tatsächlich ist es aber, wie die Experten wissen, nicht dieses eine Datum, sondern sind
es die Tage um den Monatswechsel Juni/Juli herum, an denen wie ein Schalter das
Wetter für die nächsten ein bis zwei Monate eingestellt wird.

Wieviele Wochen sind es im ganzen Jahr, in denen man in Deutschland (“Schland”)
draußen im Garten sitzen kann? Vielleicht Zehn? Acht? Von 52!

In diesen Tagen haben zahlreiche Distelfinken unser Viertel akustisch fest im Griff.
Am Gesang erkennt man die Verwandtschaft mit den Kanarienvögeln. Im Vergleich
wirkt natürlich der Gesang der Exoten klarer und reiner, die Distelfinken erscheinen
lärmender. Wie eine schlecht erzogene, undisziplierte Schulklasse führen sie sich auf.
Dennoch geht in unseren Breiten gar nichts über die Schönheit der Distelfinken.

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Was fällt sonst so auf in der Vogelwelt? Ein Bluthänflingpärchen. Und einmal nachmittags
eine kleine Kleiberinvasion, die für heftige Aufregung bei den ansonsten in meinem Garten
ansässigen Vögeln sorgt.

Vor dem Monatswechsel zum Juli eine kurze feucht-heiße Wetter-Episode. Überhaupt ist es
interessant, wie heute das Wetter erklärt wird. Früher waren es “atlantische Tiefausläufer”,
heute werden verschieden warme Luftmassen eingezeichnet, an deren genau in die Karten
eingetragener Grenze es zu (leider in diesen Tagen immer wieder ergiebigen und gewittrigen)
Niederschlägen kommt.

Dabei kann ich beobachten, jedenfalls ist das meine persönliche Schlussfolgerung, dass
es seit Anfang April immer wieder um einen polaren Kaltluftvorstoß geht. Im April
erfolgte dieser direkt nach West- und Mitteleuropa. Seit Anfang Juni strömem diese
Luftmassen mehr auf den östlichen Atlantik hinaus, so dass am ihrer Ostseite mediterrane,
subtropische Luft noch Norden geschaufelt wird. Die Grenze zwischen den beiden
Luftmassen wandert ständig von West nach Ost und zurück. Und diese Grenzlinie,
von Südwest nach Nordost verlaufend, ist es, die immer wieder über unseren Breiten
liegt und dieses schlechte Wetter verursacht.

An einigen Tagen kann man es schön beobachten, wie am Himmel Wolken aus zwei
verschiedenen Richtungen kommen: in der Höhe aus südlichen und etwas tiefer aus
westlichen Richtungen.

 

 


Nach wie vor sieht man fast keine Schmetterlinge, weder auf der Flur, noch im Garten. Die extrem kalten Wochen im Februar und wahrscheinlich auch der nasskalte April haben ihren Tribut gefordert. Der Vergleich mit den letztjährigen Sommerseiten könnte kaum krasser ausfallen. Diese Bilder sind wie immer alle in meinem Garten entstanden.

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Wie sollen sich die ganzen Schmetterlingspopulationen
erholen, z. B. die seltenen Bläulinge? Wie können aus anderen Gegenden welche zuwandern, wenn es dort noch kälter war?

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Verheerende Auswirkungen auch bei der Obsternte. Erdbeeren: sehr wenige. Kirschen: fast Totalausfall. Hingegen der Winterweizen auf den Feldern hat sich erholt. Wie ich es dem Bauern sagte: “das ist doch nichts anderes wie Gras”. Andere Landwirte haben die zunächst nur kümmerlich aufgehende Saat untergeeggt und Sommer-
getreide gesät. Zweimal Saatgut bezahlt. Zusätzliche Energiekosten. Ob sich das gelohnt hat?

Wieder dieses April-Wetter, wie schon so oft seit dem letzten Dezember. Am Himmel sind über Wochen hinweg faszinierende Wolkenbildungen zu sehen.

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Der Juli fängt warm an, aber wechselhaft und schwül mit vielen Gewittern. Aber bald geht es mit den Temperaturen wieder bergab.


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Hortensien. Die Hydrangea arborescens “Annabelle” ist eine der schönsten Hortensien. Im Laufe der Jahre erhält man einen stattlichen Busch mit großen und schönen, halbkugeligen Blütenbällen.

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“Golden Celebration”. Bei den perlenden Wassertropfen kann der Fotograf dem verregneten Sommer wenigstens gerade so die eine nicht verdammungswürdige Seite abgewinnen: Motive.



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Der doppelte Regenbogen.

Links ein Rapsweißling.

 

 

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Am Abend des 11. Juli, verschiedene Sphären sind in einem knisternden Austausch,
kommt es zu dramatischen Lichterscheinungen. Es regnet wie Gold vom Himmel.
Und der leuchtendste Regenbogen, den ich je gesehen habe.

Am Nachmittag des nächsten Tages, ich stehe unten am Feld. Ein hinreißend schöner
Himmel. Weiße Wolkenberge mit blaugrauer Unterseite ziehen wie Inseln an einem
klaren Firmament vorbei. Der Rotmilan zieht seine Kreise. Unglaublich, wie er schier
in Sekunden in der nordwestlichen Luftströmung hunderte von Metern zurücklegen kann.
Auch der Höhengewinn ist beträchtlich. Er entschwebt mühelos hinauf und hinweg.
Auf der anderen Seite des Weges rüttelt der Falke und fällt dann wie ein Stein zu Boden.
Offenbar hat er aber nichts erwischt. Oben am Weg streift der Fuchs mit seinem buschigen
Schwanz über den Weg ins Kornfeld.

Dann kommen wie eine riesige Welle neue Wolkenungetüme heran und zerfließen dunkel
und bedrohlich.

Am nächsten Morgen grauenhaftes Novemberwetter.

Vielleicht hat sich wirklich was verändert in der Atmosphäre. Das Wetter am Sonntag
nachmittag habe ich überhaupt noch nicht erlebt (vielleicht ist es mir auch nur nicht
erinnerlich). In Sekundenabständen ständig wechselnd sich verstärkender und wieder
abschwächender Starkregen. Als würde da oben jemand die große Dusche an- und abstellen.

blaetterdach

In der dritten Julidekade: endlich Sommer! Wenn ich in den Garten gehe, man riecht
den Sommer jetzt auch. Der Geruch nach trockener, warmer Erde, der Duft von den
Phlox-Blüten, der herüberweht.

Einmal abends in der weit fortgeschrittenen Dämmerung. Lautlos wie ein Schatten wischt
mehrmals ein Nachtraubvogel mit riesiger Flügelspannweite (eine Eule?) durch die Schneisen
zwischen den Gebäuden. Kann dieser Räuber auch was in der Luft fangen? Vielleicht Nacht-
schwärmer? Die armen Fledermäuse wird der Raubvogel wohl hoffentlich in Ruhe lassen...

phlox

Die Vogelwelt zeigt sich wieder mehr. Die Distelfinken wissen noch vom letzten Jahr,
dass sich in der Dachrinne des Schuppens Wasser gesammelt hatte. Dieses ist aber
mittlerweile abgelaufen. Verwundert schauen sie sich um. Ein Specht (Bunt- oder
Mittelspecht) hält sich ein bisschen am alten Kirschbaum auf. Sehr viele Schwalben
in der Luft. Gegen jede Logik haben sie sich scheinbar im bisher verregneten Sommer
gut vermehrt.

Auf den Feldern sieht man jetzt auch wieder ein paar Schmetterlinge.

Auf der Gartenbank. Durch das Blätterdach der Obstbäume gedämpft, dringen
Sonnenstrahlen und umschmeicheln mein Gesicht. Die Wärme liegt auf meiner Haut,
ein sachter Wind umschmeichelt die Härchen auf ihr und lässt die vom Kaffeegenuss
entstandenen kleinen Schweißtröpfchen eine angenehm kühlende Wirkung hervorrufen.
Einfach nur da sitzen. Ein bisschen in “À la recherche du temps perdu” lesen. Die Seiten,
auf denen Marcel Proust dieses ländliche Zimmer beschreibt. Erinnerungen an die Provence.
So viele Gedanken, so viele Gefühle. Glücklich. –

Dann wird es schnell schwül und eine Gewitterfront beendet diese hochsommerliche Woche.

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Danach leicht wechselhaftes, aber insgesamt schönes, mäßig warmes Wetter, bis sich
Anfang der zweiten August-Dekade doch noch der Sommer durchsetzt. Der Tiefdruckwirbel
über den Britischen Inseln hat sich nach rund 6 Wochen endlich aufgelöst. Man spürt aber
schon deutlich die spätsommerliche Anmutung.

Zunächst ein nach all dem feucht-schwülen Wetter angenehmer, trockener Wind aus
nordöstlichen Richtungen. Aber der August wird nicht nur richtig warm, sondern im
weiteren Verlauf heiß.

Nachmittags auf der Gartenbank. Der Himmel völlig wolkenlos blau. Es ist sehr warm,
obwohl die August-Sonne die Schatten schon tiefer stehen lässt. Ein ganz leichter Wind
auf der bloßen Haut. Die Vögel haben sich vor der Hitze ins Blätterwerk der Bäume
zurückgezogen und wispern nur leise. Im Gras erzählen sich ein paar Mäuschen mit
ihren feinen, hohen Stimmchen aufregende Neuigkeiten über die letzten Ernteerträge.
Insekten summen vorbei. Alle Maschinen, Autos und Düsenjets verstummen einmal.
Die Kirchenglocken fangen an zu läuten. Man könnte sich in dieser Atmosphäre fast in
vergangene Jahrhunderte zurückversetzt fühlen. Dann ein kleines Propellerflugzeug
in der Höhe. Erinnerungen an die 60er und 70er Jahre. Sonntags nachmittags die
Flugzeuge, Segelflieger und Fallschirmspringer vom nahen Flugplatz. Die kleinen
Punkte, die im Himmel aus den Flugzeugen fielen, fielen und fielen... bis sich ein
kleiner bunter Schirm öffnete und die Punkte, nun langsamer und hin und her
pendelnd, sachte zu Boden schwebten. Viel später erfuhr ich, dass man von da
oben den Rhein sehen könne, ein blaues, schimmerndes, sich windendes Band.

Erneut am Himmel Lichterscheinungen, wie ich sie nie gesehen habe. Mehrmals
bilden sich im Saum von Wolken regelrechte Regenbögen.

Mitte der dritten August-Dekade kühlt es deutlich ab und es wird wieder wechselhafter.
So war der Sommer insgesamt ziemlich feucht, aber gar nicht mal so schlecht.

 

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