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Schloss Mengerskirchen war Jagdresidenz und Witwensitz während verschiedener Phasen der nassauischen Geschichte, zuletzt in Nassau-Hadamar. Die vielleicht bedeutendste Bewohnerin, die malende Prinzessin Ernestine Charlotte, starb hier im August 1668 im Wochenbett, nachdem sie ihrem Mann das achte Kind geschenkt hatte.

“Nassau-Hadamar” gibt einen Hinweis auf die Kultur von Mengerskirchen. Nach der 1629 erfolgten Konversion von Johann Ludwig von Nassau-Hadamar vom Kalvinismus zum Katholizismus machte er sein Ländchen zu einer der katholischsten Gegenden Deutschlands. Die Jesuiten leisteten dabei ganze Arbeit.

Und so ist Mengerskirchen der Ort der Kirchen, wenn auch teilweise in Ruinen oder nur noch archäologisch nachweisbar, und der Bildstöcke.

Wie fromm die Bevölkerung hier zumindest einmal war, zeigt ein Artikel im Jahrbuch 2017 des Landkreises Limburg-Weilburg, der von der 1850 erfolgten Einweihung der Kirche durch den Limburger Bischof Peter Josef Blum handelt und den bezeichnenden Untertitel trägt: “Eine Demonstration des Glaubens”.

Zwei Jahre vorher, im März 1848, flogen hier noch die Fäuste, denn Mengerskirchen war einer der hot spots der Märzrevolution. Und so wurde die Eröffnung der Kirche auch als eine Art reconquista zelebriert.

Die Beschreibungen der Feierlichkeiten und der dem Bischof zujubelnden Menge offenbaren – selbst wenn man eine gewisse Voreingenommenheit des Verfassers in Betracht ziehen könnte – eine religiöse Inbrunst, wie man sie sonst nur vom südeuropäischen Katholizismus her kennt.

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Das Ortsbild von Mengerskirchen, das mal Stadtrechte hatte und seit Anfang des 19. Jahrhunderts als “Marktflecken” bezeichnet wird, gibt nicht viel her. Das Schloss, ein paar versprengte Fachwerkhäuser, eines davon wunderschön als Veranstaltungsort restauriert (siehe Bild), eine kitschige Skulptur von Maria Magdalena.

Die oben erwähnte Kirche wurde schon 1957 zu großen Teilen wieder umgestaltet, wobei der zum Hauptgebäude passende Dachreiter abgerissen und durch einen düsteren, massigen Turm ersetzt wurde, den man zwischen die Kirche und das Nachbarhaus zwängte. Welcher Geschmack hier waltete, ist schwer erkennbar.

Auch sonst wurde vieles, was mal schön und interessant war,  abgerissen, wie die Zehntscheune (1973), an die traurigerweise nur noch eine Gedenktafel erinnert (“An dieser Stelle stand...” – als wäre sie einem alliierten Bombenangriff zum Opfer gefallen und nicht der eigenen Stadtplanung). Auch der rechts abgebildete schöne Platz mit dem Brunnen wurde erbarmungslos asphaltiert.

Die schönste Stelle von Mengerskirchen liegt weit außerhalb auf einem Hügel Richtung Arborn. Von der im Mittelalter hier errichteten christlichen Kirche, wohl einer der ersten der Region, künden nur noch einige Steine, die den einstigen Umriss markieren sollen.

Aber was für ein Baum! Und was für eine Aussicht! Schöne Stunden, die der beständigen Erinnerung wert sind, hat der Verfasser hier verbracht.

Herrlich ist diese Stelle auch im Winter. Der Abhang Richtung Arborn ist wesentlich steiler als Richtung Mengerskirchen und bietet ideale Ski- und Rodel-Möglichkeiten.

Literatur:
Ferdinand Luthmer: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden. III. Band. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Lahngebietes. Frankfurt a. M. 1907. S. 55–58.
Heinrich Messerschmidt: 700 Jahre Mengerskirchen. Der Marktflecken am "Knoten" im Wandel der Zeit. Gemeinde Mengerskirchen 1979. (Brunnenbild.)
Ernst Leuninger: Wegemarken in Mengerskirchen. Selbstverlag, Limburg 2014.

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Historisch bedeutend sind die Freiheitshäuschen in der Dammstraße. Es handelt sich um Fachwerkhäuser, die 1848 entstanden, als während der Revolutionstage ärmere Bürger in den Wald gingen und sich das Bauholz einfach holten, von dem sie meinten, dass sie Anspruch darauf hätten.

Es handelt sich um mehrere recht ärmliche Gebäude, die mittlerweile mit einer Ausnahme (vor der am Tag der Fotoaufnahmen ein großes Auto parkte) alle mit Asbest oder ähnlichen Platten verkleidet wurden. Hier wäre eine Gedenktafel eigentlich “angebracht”.

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Ein Kleinod, das selbst einige Mengerskirchener nicht kennen, befindet sich am Damm des Seeweihers. Hier stand einst die Kapelle “Unserer Lieben Frau”, an die nur noch Ruinen erinnern.

Sehr hübsch ist aber der für die katholischen Teile des Westerwaldes typische Bildstock, deren es früher überall sehr zahlreiche gab und die zum Beispiel Ziel oder Zwischenetappe der ehemals häufigen Prozessionen waren.

Das steinerne Kreuz stammt aus dem 18. Jahrhundert. Der Ursprung der hübschen Madonnenfigur ließ sich leider nicht ermitteln. Alle einschlägigen Denkmalführer schweigen beharrlich dazu.

Achtung! Direkt hier zu parken, ist sehr gefährlich. Am besten hält man am normalen Parkplatz und geht die paar Meter zu Fuß. 

Ein weiterer schöner Bildstock in Form einer kleinen Kapelle befindet sich im Wald Richtung Winkels.

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Die Mühle am Seeweiher

Der wohl 1493 aufgestaute Seeweiher diente zur Regelung der Wasserzufuhr für mehrere Mühlen, von denen heute noch eine steht – das prächtige Gebäude ist vor neugierigen Blicken gut versteckt hinter einer Wand aus Vegetation, die sich nur im Winter lichtet.

Die Aufnahme der Mühle stammt von Ende Februar 2021. Die anderen Aufnahmen entstanden Ende Juli 2020, an einem schönen, sehr warmen Sommertag.

Equipment:
Nikon D700, 50/1.4G, 28/1.8G. iPhone 6s.

Photo rechts: Nassauische Annalen 2000.

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