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Heide Frahm
Kim und seine Rivalen

Heide Frahm: Kim und seine Rivalen

Umschlagillustration und Titel dieses Buches trug ich ein halbes Jahrhundert in mir, ohne mir dessen bewusst zu sein. Ein Beispiel für die Kraft, die Grafik Design und Sprache haben.

Ich las es wohl mit 10 oder 11 Jahren (obwohl es laut DNB schon 1961 erschien, aber da war ich erst 5 Jahre alt). Ich entdeckte es wieder beim Aufräumen des Speichers – aber es war die ganze Zeit da in mir, unter der Oberfläche des Bewusstseins.

Was war das Faszinierende an diesem Kinderbuch?

Die Titelillustration hat eine magische Kraft, eine ungeheure Spannung. Die von einer Lichtquelle erleuchteten Kinder im Kreis in einer Höhle – als solche hatte sich mir der Raum in meine sehr tief liegende Erinnerung eingeprägt (obwohl es auch irgendein Zimmer sein könnte). Die dramatischen Schattenwürfe an der Wand. Entsprechend dramatisch und spannend musste dann auch das Geschehen sein.

Zur Wirkung der Grafik trägt enorm auch der Titel bei. Der weiß und kraftvoll geschwungene Name “Kim” und der schräg gesetzte Rest des Titels.

Das alles nahm ich als Kind natürlich nur unbewusst war.

Zur Faszination trug auch der Name “Kim” bei. Denn das war unleugbar ein englischer oder amerikanischer Name, gehörte also zu der Kultur, mit der wir als Kinder in den 50er und 60er überschwemmt wurden. Kim – das klang irgendwie ganz toll, fortschrittlich und abenteuerlich, auch ein kleines bisschen exotisch.

Nach meiner dunklen, aber nicht ausrottbaren Erinnerung handelte es sich bei “Kim” um ein Mädchen, das dort so dynamisch, selbstbewusst und breitbeinig stand. Der Inhalt versprach also, ziemlich aufregend zu sein.

Der Illustrator muss sehr begabt und wohl auch sehr bekannt gewesen sein, dachte ich jetzt nach 50 Jahren. Das stimmt aber nur teilweise, wie ich feststellte. Denn der tatsächlich vielfach begabte Wilfried Koch (*1929) ist zwar ein renommierter Kunsthistoriker und Künstler, wurde aber nicht eigentlich als Buchkünstler bekannt, obwohl er noch andere Bücher des Kolibri-Verlages illustrierte. Blättert man im Buch (nach so langer Zeit), erkennt man auch warum. Die wenigen als Federzeichnungen gefertigten Innen-Illustrationen haben einen völlig anderen Stil und nicht im geringsten die Magie des Titelbildes. In ihrer Kratzigkeit und Expressivität erinnern sie eher an Kochs “ernste” Arbeiten: seine Skulpturen, mit denen berühmt wurde und wofür er sogar eigenes Museum bekam. Durch den Vergleich und die Nähe von Kochs Wohnort zum Verlagssitz bin ich auch sicher, um welchen “Wilfried Koch” es sich handelt.

Ähnlich kombinieren musste ich bei der “Texterin”. Denn eine Hilde Frahm hat offenbar nie mehr ein Buch veröffentlicht. Da aber die Ehefrau von Wilfried Koch mit Vornamen “Hilde” heißt, hat sie hier wahrscheinlich unter ihrem Mädchen- oder einem Künstlernamen geschrieben.

Ach – und der Inhalt des Buches? Ist so belanglos, dass ich nichts mehr davon weiß und auch beim jetzigen Durchblättern von nichts, was ich da quer las, angesprochen wurde.

Graphic design sells. Auch meine Eltern wurden wohl deshalb auf das Buch aufmerksam und haben es mir geschenkt, vielleicht zum Geburtstag, wie mir jetzt ganz dunkel einfällt. Meistens kaufte man Bücher hier in meiner Gegend bei “Neu” in Westerburg. Den Laden gibt es heute (2022) noch. Habe mich vor einigen Monaten mit der jetzigen jungen Inhaberin nett unterhalten.

Peter Eisenburger, 3. April 2022.

Heide Frahm: Kim und seine Rivalen. Ehrenstreit im Zwielicht.
Titelbild und Innenzeichnungen: Wilfried Koch. Kolibri-Verlag, Wuppertal o. J. (1961). 128 Seiten. DM 1,95.

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Hochgeladen am 14. April 2022. Zuletzt aktualisiert am 6. August 2023.

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