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Niederwalddenkmal Germania
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Niederwalddenkmal: ein Stück deutscher Geschichte

Beim Niederwalddenkmal oberhalb von Rüdesheim verbinden sich zwei Epochen deutscher Geschichte.

Der Niederwald wurde in parkähnlicher Form mit mehreren Bauten, vor allem dem auf dieser Seite gezeigten Tempel, im
19. Jahrhundert zur Zeit und als Ausdruck der Romantik
angelegt. Insbesondere die Rheinromantik stand zu dieser Zeit beim deutschen Bürgertum hoch im Kurs. Eichendorff dichtete: “Auf dem Strome will ich fahren, von dem Glanze selig blind!“

Aus touristischen und somit kommerziellen Gründen versuchen die Behörden, die Rheinromantik wiederaufleben zu lassen. Der Niederwald gilt als Einstieg in das obere Mittelrheintal, für das
der begehrte Titel “Unesco Weltkulturerbe” erteilt wurde.

Die zweite Epoche, für das das Niederwalddenkmal steht, ist das (zweite) Kaiserreich. Für mehr als eine Generation der Deutschen, für die Zeit von 1870 bis 1914, war der Krieg gegen Frankreich 1870/71 ein Hauptereignis der Politik und ihres Lebens.

Anmutung des Denkmals

Der Tempel der alten Niederwaldanlage wirkt grazil und leicht.

Unter rein ästhetischen Gesichtspunkten haben wir es auch
beim Germania-Denkmal sicher mit einer außerordentlich ausgewogenen und gelungenen Ausführung zu tun.
Dennoch lässt sich dem Denkmal eine militaristisch-
nationalistische, um nicht zu sagen chauvinistische Anmutung nicht absprechen. Die Behauptung, die Germania würde ja nicht nach Westen Richtung Frankreich, sondern nach Südsüdost in den Rheingau als Symbol nationaler Einigung schauen, ist nicht gerade überzeugend. Denn die Gesamtausrichtung zum Rhein
als jahrhundertelang umkämpfter Grenze zwischen Deutschland und Frankreich scheint hier doch ausschlaggebend zu sein – abgesehen von den vielen kriegerischen Bezügen am Denkmal.

Immerhin wurde das Lied “Die Wacht am Rhein” entschärft.
Und für die Bronze “wurde aus Rücksicht auf den Kriegsgegner auf das Einschmelzen erbeuteter französischer Kanonen verzichtet”, so erklären es die Hinweistafeln am Monument...

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Der “Erzfeind” wurde niedergeworfen, in der Folge das Deutsche Kaiserreich ausgerufen. Und der Mythos Bismarck war begründet. Dass dem Deutsch-Französischen Krieg zwei Hegemonialkriege Preußens gegen Dänemark und Österreich vorausgingen, in deren Folge der preußische Militärstaat unter anderem das Gebiet annektierte, auf dem das Niederwalddenkmal errichtet wurde, dass Bismarck durch die Manipulation der “Emser Depesche” und andere Manöver Frankreich so provozierte, dass es kaum anders konnte, als Preußen den Krieg zu erklären, dass Bismarck in dem “von oben” errichteten Kaiserreich ein erzkonservatives bis reaktionäres Regime errichtete, störte viele Bürger nicht.

Zu tief saß weitverbreitet seit der Besetzung durch Napoleon die Aversion gegen den Nachbarstaat im Westen. Welche Fortschritte der Code Civil gerade den deutschen Staaten am Rhein gebracht hatte, war in Vergessenheit geraten.

Die Errichtung des Denkmals 1883 wurde als nationales Ereignis unter Mitwirkung Kaiser Wilhelms I. zelebriert. Seitdem hält
die Germania gleichermaßen triumphierend wie trutzig die “Wacht am Rhein” gegen Frankreich.

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Besuch und Restauration

Die beste Zeit für einen Besuch ist zeitig morgens. Parken ist kein Problem. Alternativ nimmt man die Seilbahn von Rüdesheim und hat so einen schönen Blick über die Weinberge. Wenn man eine linksrheinische Anfahrt hat (oder haben will), kann man auch mit der Fähre von Bingen kommen.


Restauration und Information sind noch verbesserungsfähig. Zur Caféteria gibt es weiter unten, über eine Treppe erreichbar, eine Alternative. Ein neues Besucherzentrum soll ab 2013 errichtet werden.

Dass in diesem Bericht Rüdesheim nicht weiter vorkommt, spricht für sich.

Großansichten und Erläuterungen zum Monument.  

Auf den Tafeln an den Seiten des Denkmals stehen die Orte, an denen Schlachten im Deutsch-Französischen Krieg stattfanden. Das sind alles nur Namen. Liest man die Geschichte dieser Schlachten mit jeweils mehreren tausend Toten, wird der furchtbare Blutzoll deutlich, den die adeligen Herrschaften verursachten, die in Bad Ems, nicht so weit vom späteren Denkmal, kurten oder in Berlin residierten und mit dem Krieg innenpolitische Probleme lösen wollten. Insgesamt fielen in diesem “kurzen” Krieg 80.000 Franzosen und 40.000 Deutsche.

Heutige Bedeutung

Von der Errichtung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, und wahrscheinlich bis in die 60er Jahre, gab es wohl kaum eine Schulklasse aus der Region, die das Niederwalddenkmal nicht besichtigt hat. Der Verfasser selbst, obwohl mit seiner 10. Klasse 1971 unter Obhut der Geschichte-Lehrerin in der Jugendherberge in Bingerbrück, also direkt gegenüber, kann sich eigenartiger-
weise nicht an eine Besichtigung erinnern.

Ab den 70er Jahren gehörte das denn auch eher zu den unerwünschten Seiten der deutschen Geschichte, etwas Kriegsverherrlichendes, was man gar nicht sehen wollte.

Heute sind es, so hatte ich jedenfalls bei meinem Ausflug im
Juli 2013 den Eindruck, hauptsächlich ausländische Besucher-
massen, die es, initiiert durch die Propaganda des “Weltkultur-
erbes Mittelrheintal”, zum Denkmal zieht, so wie es im Besuchsprogramm vorgegeben ist.

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Empfehlenswerte Broschüre zum Niederwalddenkmal.

Auf die Previews klicken. Einige enthalten noch Detailausschnitte.

Die Aufnahmen entstanden an einem Julimorgen 2013.
Nikon D700,  50/1.4G, 28-80/3.5-5.6D.

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