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Westerburg
Westerburg

Westerburg im Oberwesterwald hatte im Mittelalter eine gewisse regionale Bedeutung. Aufgrund sich ständig aufspaltender Linien und Nebenlinien der herrschenden Adelsgeschlechter (Runkel und Leiningen-Westerburg), vor allem aber wegen des nachteiligen Standortes abseits der Verkehrswege, sank der Ort in der Neuzeit auf die mindere Bedeutung eines “Fleckens” herab.

Dann wurde Westerburg “mediatisiert”, wovor alle kleinen Fürsten Angst hatten: Nach einem Zwischenspiel im Großherzogtum Berg, als hier von 1806 bis 1813 Napoleon herrschte, kam Westerburg 1815 zum Herzogtum Nassau, war aber nicht einmal mehr Sitz eines “Amtes”, also der unteren Verwaltungseinheit mit hauptamtlicher Verwaltung. Westerburg gehörte zum Amt Rennerod.

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Erst die Preußen, die 1866 das Kommando übernahmen und das Herzogtum Nassau zusammen mit Kurhessen zu ihrer Provinz Hessen-Nassau machten, werteten Westerburg in mehreren Schritten auf. Zunächst wurde 1885 aus den Ämtern Rennerod und Wallmerod der Landkreis Westerburg gebildet, bei Auflösung der bisherigen nassauischen Ämter. Rennerod und Wallmerod hatten also einen massiven Bedeutungsverlust hinzunehmen. Nach und nach wurde Westerburg dann auch zu einem Eisenbahnknotenpunkt gemacht.

In einem weiteren Schritt wurde 1932 der damalige Oberwesterwaldkreis mit Sitz in Marienberg mit dem Kreis Westerburg zum neuen Oberwesterwaldkreis vereinigt. Westerburg erhielt den Sitz des Landratsamtes, also der Kreisverwaltung. Marienberg ging leer aus, eine herbe Enttäuschung für den traditionellen Amtssitz.

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Nun folgten für Westerburg über 40 Jahre einer Blütezeit, die 1974 ein abruptes Ende fand, als in einer neuerlichen, im Bundesland Rheinland-Pfalz beliebten Gebietsreform der Ober- und Unterwesterwaldkreis zum neuen Westerwaldkreis zusammengelegt wurden. Die Kreisverwaltung wanderte nach Montabaur, an den Südrand des neuen Gebildes. 7 Jahre später, 1981, wurde die Eisenbahnstrecke von Herborn nach Montabaur (“Westerwaldquerbahn”) stillgelegt. Seitdem hat auch die Eisenbahnbrücke nur noch Museumscharakter.

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Stadtbild

Seit in Westerburg 1564 die Reformation eingeführt wurde, ist die Stadt bis heute  überwiegend evangelisch.

Die Katholiken haben ihre Wallfahrts-
kirche, die Liebfrauenkirche, auf dem Reichenstein Richtung Hergenroth. Die Kirche wurde noch in den 60er und 70er Jahren sehr stark von katholischen Gläubigen der Umgebung frequentiert.

Die evangelische Kirche bestimmt zusammen mit dem Schloss und der 1906 gebauten Eisenbahnbrücke das Stadtbild.
Mit adretten Fachwerkstädtchen wie Hachenburg kann sich Westerburg aber nicht messen. Der Grund ist, dass die Stadt fast unzählige Male durch Brände schwer verwüstet wurde: 1448, 1550, 1641, 1797, 1814 und 1819. Die modernen Verkehrs-
planungsmaßnahmen gaben der Innenstadt den Rest.

Kloster Gnadenthal

Das Gymnasium

Eine ungemeine Aufwertung erfuhr Westerburg durch den
Bau des Staatlichen Gymnasiums im Jahre 1965. Zu Recht bezeichnete der erste Direktor Martin Heinzel den Bau als “formvollendet” (Rhein-Lahnfreund 1966). Schon bevor 1964 die “Bildungskatastrophe” ausgerufen wurde, waren die Gremien des Oberwesterwaldes so klug gewesen, der Jugend des Kreises, die bis dahin nach Hadamar oder Montabaur fahren musste, die weiterführende Bildung wohnortnäher zu ermöglichen. 1960 war dann zunächst ein Behelfsbau bezogen worden. Der Verfasser kann aus eigener Anschauung beurteilen, dass beim Gymnasium Westerburg eine hervorragende räumliche Gestaltung mit einer hochmodernen Ausstattung verwirklicht wurde – welche Schule erhält heute zum Beispiel noch ein eigenes Schwimmbad?

Die Bilder, zwischen denen fast 50 Jahre liegen, zeigen den viergeschossigen Haupttrakt. (Foto von 1965: H. Königsmann.)

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Der Entwurf zum Gymnasium stammt aus dem Jahre 1963 und wurde erstellt von Architekt BDA Dipl.-Ing. Edmund Zens aus Köln-Lindenthal.

Literatur (PDF):
M. Heinzel: Das Progymnasium in Westerburg. Rhein-Lahnfreund 1964, S. 231/233.
Oberstudienrat Martin Heinzel: 1966 voll ausgebautes Gymnasium in Westerburg. Rhein-Lahnfreund 1966, S. 271-272.

Die Skulptur “Pflanzer” stammt noch aus den 60ern. Sie geht zurück auf ein Projekt des Kunsterziehers Nebel in einer Untersekunda und wurde in einer Düsseldorfer Werkstatt gegossen.

Die Aufnahmen entstanden Mitte August 2014 bei trockenem, aber kühlem und windigem Wetter.
Nikon D700, 50/1.4G, 28/1.8G.

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