Die Hohe Schule Herborn: einst eine Universität von europäischer Geltung
Johann VI. von Nassau-Dillenburg, unterstützt von Wilhelm dem Schweiger, gründete die Hohe Schule im Jahr 1584. Es war das Zeitalter der Glaubenskämpfe.
Die Protestanten hatten sich in zwei Richtungen gespalten: die Lutheraner und die Calvinisten, die sogenannten “Reformierten”. Nassau-Dillenburg wurde neben der Kurpfalz und dem Niederrhein eine der Hochburgen des Calvinismus in Deutschland. Von hier aus wurde auch maßgeblich der von Wilhelm dem Schweiger angeführte Unabhängigkeitskrieg der Niederlande unterstützt.
Zur Förderung der reformierten Lehre gründete Johann VI. die Hohe Schule als hochrangige Bildungsstätte der Calvinisten. Gleichwohl wurde die Hohe Schule nie von einem Kaiser als reguläre Universität anerkannt, weil die Reformierten nicht unterstützt werden sollten.
Dennoch gab es einen regulären Lehrbetrieb mit vier Fakultäten. Im Laufe der Jahre studierten hier 5700 Studenten aus ganz Europa. Unterbau der Hochschule war das “Pädagogium”, Vorläufer des heutigen Gymnasiums Johanneum.
Ab dem 18. Jahrhundert ging die Bedeutung der Hohen Schule stark zurück. Nassau-Dillenburg (jetzt: “Oranien-Nassau”) wurde inzwischen von Den Haag aus regiert und dort hatte man sicher andere Vorhaben. Als dann Napoleon kam (und somit Herborn zum Großherzogtum Berg gehörte), wollte er lieber in Düsseldorf eine Universität errichten.
Schließlich fand man sich 1815 im neugebildeten Herzogtum Nassau wieder, dessen Regierung in Wiesbaden der Förderung einer Universität im peripheren Nordosten desinteressiert gegenüberstand, um das Mindeste zu sagen.
Hinzu kam der Bedeutungsverlust der calvinistischen Strömung bei den Protestanten, denn die Reformierten schlossen sich 1817 in Nassau mit den Lutheranern zur Unierten Evangelischen Kirche zusammen. Wohl nicht aus reinem Zufall wurde die Hohe Schule Herborn in eben diesem Jahr geschlossen.
Heute beherbergt der vorbildlich restaurierte Gebäudekomplex Hotel, Restaurant und das städtische Museum.
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