Peters

Garten- und Naturtagebuch

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Winter 2011/12

Der Dezember ist recht wechselhaft. Sehr lebhafte westliche bis nordwestliche Strömungen bringen typisches Aprilwetter – bei allerdings nur kurz über 0° liegenden Temperaturen. Am 5. Dezember ist erster Schnee in der Luft. Am
7. Dezember Sturm und Hagel und sogar ein kurzes Wintergewitter.

Im weiteren Verlauf auch viele sehr schöne und ruhige Tage. In der Vollmondnacht vom 11. auf den 12. Dezember und unter leichtem Hochdruckeinfluss gehen die Temperaturen das erste Mal bis -2° hinunter. Nach diesem schönen und recht sonnigen Wochenende wird es nasskalt.

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Wenn sich in der ersten Dezemberhälfte eine Westströmung einpendelt, bleibt der ganze Winter mild bis sehr mild. So glauben es die Meteorologen.

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Am 4. Advent ein winterliches Intermezzo.



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Der Eingang zur Streuobstwiese.

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”The Dark Lady” am 4. Advent.

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Reizvolle Farbkontraste: Die Früchte des Herbstes und frischer Neuschnee.
Dass es ein überreichliches Apfeljahr war und auch noch nicht viel gefroren hat, sieht man.

 

 

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Nach ein paar Tagen ist der Zauber vorbei und der Rest des Dezembers wird wieder trüb trüb trüb.

Den Grund für diese Wetterlage sehen die Meteorologen im sogenannten “Polarwirbel”. Dieser sei in diesem Winter intakt und perfekt aufgebaut. Der Polarwirbel versorgt den Nordpol mit guter, kalter Luft. Dadurch liegt Westeuropa aber im Bereich einer stabilen westlichen Strömung. Das heißt für den Winter zwar “mild”, aber auch trüb, neblig und regnerisch...

Am späten Abend des 29. Dezember Blitz und Donner. Am nächsten Tag fegt ein Sturm mit schnell wechselnder Bewölkung, schneidend-scharfem Wind und immer wieder Scheeschauern über uns hinweg.

Und so endet ein Jahr, in dem außer in den Sommer- und in den Weihnachtsferien eigentlich immer die Sonne geschienen hat.

Das neue Jahr fängt ungewöhnlich mild an, um dann weitere Kapriolen zu machen. Am 5. Januar gibt es ein heftiges Wintergewitter mit Blitz, Donner, Sturm und Graupelschauern.

Nachts reißt die Wolkendecke auf. Selten zogen die Wolkenfetzen vor einem gleißend hellen Mond so schnell dahin. Die nächsten Schnee- und Schneeregenschauer beenden das Schauspiel.

Immer wieder Aprilwetter. Auf der einen Seite des Himmels, nach Südosten,  strahlender Sonnenschein, der sich morgens auf der nassen Straße unerträglich spiegelt, von der anderen Seite, von Nordwesten, ziehen schon wieder mächtige, dunkle Schauerwolken heran.

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Dabei sind die Temperaturen gar nicht mal so viel niedriger, wie sie auch im April sein können. Obwohl Schnee im April doch, anders als im Kindergedicht aus dem 19. Jahrhundert (“April, April...”), sehr selten geworden ist. Früher konnte im Westerwald selbst Anfang Mai noch Schnee fallen. So war es zum Beispiel am 1. Mai 1933, als ein halber Meter Schnee fiel. So erzählte es mir vor vielen, vielen Jahren Tante Mariechen.

Gegen Ende der ersten Januardekade ist Vollmond, und nun wird es langsam trockener und heller. Auch abends wird es nun schon wieder etwas später dunkel. Mitte Januar folgen einige Tage mit Sonnenschein. Zum ersten Mal seit mehreren Wochen! Die Temperaturen liegen nun bei “mäßig kalt”.

Ein bisschen Nachtfrost bei sternenklarem Himmel. Die Natur erinnert an Anfang März. Wiesen und Felder werden grün. In Bad Ems sind die Palmen noch draußen (!). Es sind die beiden Sorten, die auch ich ziehe und die leichten Frost überstehen: die Washingtonia und die Hanfpalme.

Dann eine schnelle Abfolge von erneut trüb und mild, einem heftigen Schneeschauer am 20. Januar, im folgenden nass-kalt, dann wieder regnerisch und mild, oft sehr windig. Habe ich etwas von den Wetterphänomen vergessen? Ja. “Gefrierender Nebel.”

So geht es in einem fort. An vielen Tagen ist das Wetter einfach nur furchtbar. 

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Dann ändert sich alles. Es beginnt damit, dass am Abend des
30. Januar – seit Tagen sprechen die Wetterberichte von einer kommenden Kältewelle – nochmals Kraniche übers Dorf ziehen. Wohlgemerkt von Ostwesten nach Südwesten! Das sind die Züge, die eigentlich im Oktober anstehen. Dann muss in ihren Sommergebieten im Nordosten Europas so extreme Kälte herrschen, dass sie sich völlig außer der Zeit jetzt auf den Weg machen. Das kann man schon ein Naturereignis nennen. Ein Blick auf die Kraniche-Homepage bestätigt, dass zum selben Zeitpunkt viele Schwärme unterwegs sind. Die Experten vermuten, dass sie bis nach Spanien fliegen. Letztes Jahr kamen am 13. Februar, also exakt zwei Wochen später, schon die ersten Kraniche zurück!

In den Folgetagen bringt ein enorm eisiger und schneidender Nordost-Wind (nur zu ertragen mit der neuen Polarausrüstung) sibirische Luftmassen in unsere Breiten. Schnee gibt es in meiner Gegend zunächst keinen – aber strahlend blauen Himmel.

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Wie so häufig in den letzten Jahren bringt der Winter strenge Fröste. So war es 2004/05 (später Wintereinbruch), 2005/06, 2008/09 (späte Fröste) und auch 2009/10 (strenge Fröste). Im Winter 2010/11 kamen Schnee und Frost bereits Ende November, ungewöhnlich früh, aber genauso ungewöhnlich heftig und langanhaltend. Und diesen Winter wiederum die späten und sehr strengen Fröste. Dabei ist der Februar natürlich ein richtiger Wintermonat. Die Durchschnittstemperatur des Februar ist in Deutschland nur 0,1° höher als die des Januar!

Im Garten. Mit der Rosenknospe der “Golden Celebration”, die sich so keck und vorwitzig emporragte, ist es vorbei. Ebenso mal wieder mit dem Traum von den Feigen.

Die Amseln sind nun sehr aktiv. Energisch hacken sie auf dem gefrorenen Fallobst herum. Bislang hatte sich dafür überhaupt niemand interessiert. Nun sind es die stärksten Männchen, die eifersüchtig und aggressiv ihre Pfründe bewachen und sich nahende andere Amseln sofort vertreiben.

Neben den Amseln (dabei auch ein weiß geschecktes Exemplar) ist eine Drossel dabei. Alle Vögel sind extrem scheu und fliegen sofort auf, wenn sie die kleinste Bewegung sehen.

Nachdem sich der Wind gelegt hat, Zeit für ausgedehnte, fast schon spätwinterlich zu nennende Spaziergänge in der klaren, frostigen Luft. Im Tal des Baches gibt es allerhand zu entdecken: ein (in 6 Jahren!) vorher nie gesehener Fischteich, “Mangrovenwurzeln”, ein Miniaturstrand und weiter zum Nachbarort hin ein richtiges Gehöft mit großen Stallungen.

Es ist schon rund eine Stunde länger hell als vor Weihnachten.

Unten an der Streuobstwiese ist ein riesiger Schwarm Eichelhäher aus dem Wald gekommen und kapert die noch reichlich am Boden liegenden Äpfel. Innerhalb von ein paar Tagen ist das tiefgefrorene Fallobst “ausgeschlachtet”. Fein säuberlich sind die Äpfel ausgehöhlt. Die Schale wird von den Eichelhähern verschmäht  – obwohl ihr Ernährungswert den Menschenkindern gerühmt wird.

Die Nacht vom 6. auf den 7. Februar (die Nacht vor Vollmond) ist mit -16° die kälteste des Winters. Am nächsten Tag fällt leichter, feiner Schnee. Abends am Boden im Schein der Straßenlampen herrliches, geradezu überschwengliches und festliches Glitzern der Schneekristalle. Das Knirschen unter den Sohlen. Erinnerungen an tiefe Westerwälder und Vogelsberger Winter.

Auch abends spät noch leichtes Schneetreiben unter einer dünnen, milchigen Wolkendecke, durch die verwaschen der Vollmond scheint. –

Und so waren die Eintragungen für den Winter eigentlich schon abgeschlossen. Nach der knapp 2-wöchigen Frostperiode ist es wieder mild geworden. Da geschieht etwas, was faszinierend, aber auch ein bisschen unheimlich ist.

Nachts werde ich wach, weil sich im Schlafzimmer etwas bewegt. Da fliegt etwas Dunkles herum. Eine Fledermaus! Hat die vielleicht hinter der Kommode den ganzen Winter in meinem Schlafzimmer verbracht?

Das Internet hält schnell Informationen bereit, was zu tun ist. Es ist recht leicht, die Fledermaus in einer Schachtel zu fangen, da sie sich in typischer Art oben an der Wand festgekrallt hat. Draußen stelle ich die Schachtel auf die Fensterbank, entferne den Deckel und beobachte von innen aus dem Küchenfenster, wie die Fledermaus anfängt sich zu regen. Erst hebt sie vorsichtig das Köpfchen, richtet die großen Ohren auf und spannt dann die Flügel etwas. Sie tastet sich auf die Vorderarme stützend auf dem Boden der Schachtel vor, klettert die Wandung empor – und flattert in die Nacht davon.

Nun muss sich die Fledermaus, es dürfte sich um die Art “Braunes Langohr” handeln, noch mal eine Behausung suchen und ein paar Wochen ruhen. Denn Insekten gibt es noch keine in der Luft, obwohl es frostfrei ist und für die nächsten Tage vorfrühlingshaftes Wetter gemeldet wird. Das wiederum weiß die Fledermaus schon vor dem Thermometer.

Und die symbolische Bedeutung? In der mittelalterlichen Mystik stand die Fledermaus für den Tod, aber auch für die Wiedergeburt und den Übergang in eine andere Welt. Bei den Chinesen hingegen bedeutet die Fledermaus: Glück.

Am 28. Februar ziehen die ersten Kranichschwärme mit kräftigen westlichen Winden zurück nach Norden.

 

 

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