Peters

Garten- und Naturtagebuch

2010

2010/11

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2012/13

2013/14

 

Sommer 2013

Dann kommt der Juni. Und mit einem Mal ist es Sommer.

Zunächst einige helle, aber noch ein bisschen frische und windige Tage. Dennoch wird
der Garten wieder zum Lebens- und Erlebensraum. Ein frischer Strauß mit meinen früh
blühenden Stauden. Akeleien, Bergflockenblume, Wald-Storchschnabel. Als Blickfang
und Kontrapunkt ein kleiner Zweig vom Schneeball dazu.


paeonie_2013

Sogar – man traut seinen Sinnesempfindungen kaum – eine kleine Hitzewelle.
Die erste Rose. Diesmal nicht die Essigrose, die der lange Winter wohl stark
zurückgeworfen hat (Blüte sonst ab April!), sondern: Mary Rose.

Gegen Ende der ersten Junidekade bringen gewittrige Schauer eine Abkühlung. Samstag
abend ist es, als ich lange eine Bachstelze beobachte, die vor meinem Wohnzimmerfenster
auf der Straße einen lustigen Tanz aufführt. Der warme, feuchte Asphalt hat eine
bestimmte, größere Fliegenart, vielleicht Maifliegen, angelockt. Das hat die Bachstelze
bemerkt. In ihrem typischen, schreitenden, von Schwanzwippen begleiteten Gang,
und immer wieder aufschwirrend, mit teils akrobatischen Bewegungen in der Luft
hascht sie nach ihrer Beute, und auch häufig erfolgreich. Aufpassen muss die schwarz-
weiß gezeichnete Stelze dabei auf die Autos, die für die Jägerin selbst eine tödliche Gefahr
darstellen.

Die Rotschwänze haben in dem kalten Frühling ein Junges durchgebracht. Von meinem
Sitzplatz auf der Streuobstwiese kann ich beobachten, wie unter lautem und aufgeregtem
Geschnatter der erwachsene männliche Rotschwanz dem noch leicht flauschigen Jungen
beibringen will, wie man von einer Warte aus, es ist typischerweise ein Zaunpfahl, Insekten
hascht, indem man rasch auf die Wiese niederstürzt. Aber so schnell scheint das Junge
das noch nicht zu begreifen, so dass der erwachsene Rotschwanz ihm schon mal eine
Insektenbeute in den fordernd aufgerissenen Schnabel stecken muss...

ehrenpreis_2013

Wenig später finde ich in einer Schlinge des Gartenzaunes ein ganzes Büschel ausgerissener
flaumiger Federn. Da ist dem jungen Vogel wohl hoffentlich nichts Ernstes passiert.


Das Getreide unten am Feld ist jetzt hochgewachsen, aber noch ganz grün. Jedes Jahr
um diese Zeit taucht dort, wo die zwei alten Birnbäume stehen, ein Distelfalter auf. Aber
sonst sieht man im Garten und auf der Flur, selbst auf den mir mittlerweile bekannten
Schmetterlingswiesen extrem wenige Falter – Folge des langen und kalten, bis weit in
das Frühjahr reichenden Winters.

 

iris

paeonie_2013_1

Nach einigem, teils auch wieder feuchtem und
stürmischem Hin und Her Mitte des Monats eine kurze,
aber heftige Hitzewelle.

schneeball_2013

mary_rose_2013
Regentage... - aber gut zum Fotografieren.

 

 

Am Übergangstag zu der nun folgenden, deutlich frischeren Phase, die mit Beginn der
dritten Junidekade eintritt, herrscht ein diffuses Licht, das ideale Möglichkeiten zum
Fotografieren im Garten bietet. Die Rosen sind nun ganz überwältigend. Die große Hitze
hat die Rosenblüte förmlich explodieren lassen. Bei “Constance Spry” scheinen sich fast alle
Blüten gleichzeitig geöffnet zu haben.
 

 

paeonie_2013_2

paeonie_2013_3

jap_hartriegel

constance_spry_2013_1

Bilder aus meinem Garten im Juni 2013.
Im Uhrzeigersinn: die Englische Rose Constance Spry, der
cremeweiß blühende Kousa-Hartriegel, die weiße Strauchpfingst-
rose, die Paeonie “Krinkled White”, die Alte Rose Kazanlik, die
wilde Heckenrose, der Storchschnabel Geranium phaeum “Album”,
Blick über den Garten mit der Alten Schmiede im Hintergrund.

kazanlik_2013_1

wildrose

geranium_phaeum

garten_2013

 

 

constance_spry_2013_3

Es folgt eine bitter kalte Phase und Ende Juni werden die Meteorologen schreiben:
“Erste Jahreshälfte extrem trüb / Weniger Sonne gab's im ersten Halbjahr noch nie /
So kalt wie seit 1996 nicht mehr / Deutschland ist Europas Kältepol / Luftmassen, die
kälter in dieser Jahreszeit nicht sein können...”

Pünktlich zum Monatswechsel schwenkt aber dann der Keil des Azorenhochs nach
Mitteleuropa und zunächst zögerlich setzt sich der Sommer durch.

Die ersten Schmetterlinge im Garten! Es handelt sich um zwei Kleine Füchse, die an
den Blüten und auf ihren schnellen Runden durch den Garten immer nah zusammen
bleiben. Der eine hat schon ein größeres Stück seines rechten Flügels eingebüßt. Da hat
vielleicht ein Vogel zugeschnappt. Die Flugkünste werden erstaunlicherweise dadurch
nicht beeinträchtigt. Allerdings geht dieser Falter in den nächsten Tagen verloren...

 

 


kleiner_fuchs_2013

grosser_kohlweissling_2013_1

Tier- und Pflanzenleben in meinem naturnahen Garten.
Im Uhrzeigersinn: Großer Kohlweißling an der blühenden
Gewöhnlichen Kratzdistel, Kleiner Fuchs an der Tauben-
skabiose, Ackerhummel am Zottigen Weidenröschen,
Rosenkäfer am weißen Phlox und Dunkle Erdhummel
am Garten-Feldrittersporn.


weidenroeschen_hummel

rosenkaefer

rittersporn_hummel_1

 

 

Dann setzt sich ein beständiges England-Hoch durch und beschert uns den lang ersehnten
“richtigen” Sommer. Es folgen viele schöne Tage mit einem fast makellosen, blauen Himmel.
Wie lange ist das her?

Das Beste daran: es nicht heiß und schwül, sondern warm und trocken, dabei weht ein
schöner Wind aus nördlichen Richtungen.

Viele Anzeichen deuten auf einen langen, schönen Sommer hin. Der Siebenschläfertag
(tatsächlich ja wegen der Kalenderkorrektur am 7. Juli) geht in diese Richtung. Und was
sehe ich am 8. Juli abends alles in meinem Garten? Erst ein Taubenschwänzchen, das
meine vielen Rittersporn-Stauden umschwirrt und immer wieder an den Blüten mit den
tiefen Kelchen saugt. Die kolibriähnlichen Schwärmer kommen nach meiner Erfahrung
in unseren Breiten nur in beständigen und sehr warmen bis heißen Sommern vor. Sie
wandern dann aus dem Süden zu (momentan haben wir Gluthitze in Spanien und heftige
Gewitter über ganz Italien und dem Alpenraum). Gesehen und fotografiert habe ich
Taubenschwänzchen nur in den Jahren 2003 (dem “Jahrhundertsommer”) und 2006
(dem “Sommermärchen”). Dann zieht ein Glühwürmchen seine leuchtende Spur durch die
weiter fortschreitende Dämmerung. Auch ein Zeichen für warme und trockene Witterung.
Als nächstes zeigt sich die Fledermaus. Und schließlich treten die ersten Sterne hervor...

An einem der folgenden Abende gelingt es mir gar, mehrere Fledermäuse am Abendhimmel
zu erkennen. Es müssen zwei bis drei Exemplare sein.

Das Wetter hält sich. Es ist nun ganz so, wie die Sommer früher waren, in den 60ern
und 70ern. Aber vorübergehend bringen die Nordwinde trotz weiterhin blauen Himmels
eine so starke Abkühlung, dass vor allem abends eine schon herbstliche, oktobermäßige
Anmutung entsteht. –

kirschbaum_2013

Es ist Mitte Juli. Hochsommer. Auf den Feldern reift das Getreide jetzt sehr schnell.
Bald werden die ersten Mähdrescher im Einsatz ein.

Auch für mich gibt es nun einiges zu tun. Meinen Garten halte ich in einem Zustand
gepflegter und kontrollierter Verwilderung, in dem neben den Rosen (hauptsächlich den
Alten Rosen und Englischen Rosen) viele Stauden, auch Wildstauden, das Bild bestimmen.

Nun ist es aber an der Zeit, die völlig zugewachsenen Wege wieder gangbar zu machen
und insbesondere die stark wuchernden Rosen zurückschneiden. Alle paar Jahre muss
dies einmal ziemlich radikal erfolgen. Auf die lehrbuchmäßig beste Zeit des Rosenschnitts
nehme ich dabei keine Rücksicht. Dadurch gab es auch noch nie Probleme.

Vor allem lege ich wieder die Wege frei, die Sichtachsen kommen wieder zum Vorschein.
Die Beete mit ihrer 2005 angelegten Bepflanzung wie Inseln dazwischen. Leider wird die
einsetzende Trockenperiode diesem “Ambiente” ziemlich zusetzen.

Der Kampf gegen das Unkraut will immer wieder aufgenommen werden. Da haben wir
zum Beispiel die diversen Weidenröschen. Ganz besonders lästig ist das Berg-Weidenröschen
(Epilobium montanum). Dieses Nachtkerzen-Gewächs ist äußerst anpassungsfähig. Notfalls
wird es unter den Blättern einer Zierstaude unbemerkt nur wenige Zentimeter hoch und
streut unbemerkt seine fein behaarten Samen aus, die der Wind auch noch verbreitet.

Viel leichter zu entdecken und herauszureißen ist das sehr hoch werdende und an sich
durchaus attraktive Schmalblättrige Weidenröschen (Chamerion angustifolium),
“Maria Bettstroh”. Allerdings verbreitet sich dieses Weidenröschen unterirdisch durch
sein stark wucherndes “Rhizom” (Wurzelausläufer), so dass es sehr schwer ist,
diese Pflanze wieder völlig loszuwerden.

Ganz anders behandele ich das Zottige Weidenröschen (Epilobium hirsutum). Dieses
wächst in starken und recht hohen Büscheln, macht sich im Sommer schön in einem
naturnahen Garten, wird stark von Hummeln besucht, breitet sich nur mäßig aus
und harmoniert auch sehr gut mit meinem Rittersporn. Deshalb wird das Zottige
Weidenröschen begrenzt geduldet. Vor Abflug der Samen muss ich die Triebe aber aus
dem Garten entfernen, sonst könnte diese Wildstaude überhand nehmen.

Die Bezeichnung “Unkraut” hat weiter ihre Berechtigung. Ackerunkräuter haben zu
weniger luxuriösen Zeiten als den heutigen zu empfindlichen Einbußen der Ernten geführt.
Daran konnten Menschenleben hängen. Das Feld zu bestellen, die Ernte zu sichern und
einzubringen – das war früher zu einem großen Teil auch Kampf gegen die Natur,
und zwar “im Schweiße des Angesichts”.

Beim Gärtnern ist es ähnlich. Anlage und Pflege eines Gartens (“hegen und pflegen”)
bedeuten immer: “selektieren”, heißen immer: “wer behält die Überhand”?
Unkraut und Schädlinge oder mein Garten und ich?

rittersporn_2013_2

Das gilt auch in einem naturnahen Garten. Hier ist der Gärtner noch viel mehr gefordert,
da er in solch einem Gartentypus zwischen unerwünschten Pflanzen und Eindringlingen
einerseits (“Unkräutern”) und begrenzt geduldeten und gar geförderten Wildpflanzen
(“Wildkräutern”) andererseits unterscheidet.

Neu in meiner Kollektion der tolerierten und begrenzt gewünschten Wildstauden ist die
Gewöhnliche Kratzdistel. Dabei passe ich auf, die Blütenköpfchen vor Abflug der Samen
zu kappen, um einer übermäßigen Verbreitung vorzusorgen.

Jedes Jahr etwas mehr verbreitet sich – von mir unterstützt – eine mittelhohe Rittersporn-
Art, die ich als Garten-Feldrittersporn (Consolida ajacis) oder einfach Garten-Rittersporn
bestimmen kann. Hier sind wir an der Grenze zwischen Wildstauden und “Kultivaren”,
also Kultur- bzw. Zierpflanzen. Denn der Garten-Feldrittersporn ist in unseren Breiten
verwildert, wird aber auch – wie von mir – gezielt im Garten gehalten. Wissenschaftlich
nennt sich das: “in Einbürgerung befindlicher Neophyt und Kulturpflanze”.

Der Kirschbaum trägt so wie noch nie. Es macht sich jetzt deutlich bemerkbar, dass
vor zwei Jahren die Fichte weichen musste, die Licht, Raum und Wasser wegnahm.
Oft sitze ich in diesen fast sorgenlosen Tagen auf meinem Platz unter diesem Baum,
der voller roter, saftiger und wohlschmeckender Früchte hängt.

Mein Gefährte in diesen Tagen ist der Hausrotschwanz, immer von Warte zu Warte
fliegend und bei der Ausschau nach Beute gespannt mit dem Schwanz wippend. Ein
Blaumeisenpärchen ist öfters zu sehen. Und dann laufen die Distelfinken wieder groß
zu Form auf. Ähnlich variationsreich und den Kanarienvögeln vergleichbar, aber doch
etwas feiner in den Koloraturen ist der Gesang des Bluthänflings. Und dann sind da
noch die hellen, zwirbeligen und kurzen Strophen des Girlitz.

Völlig ihr eigenes Leben führen die Schwalben. Eine “Bande” von sechs bis sieben,
manchmal bis zu zehn Schwalben führen abends in Sturzfliegermanier und begleitet
von ihrem typischen, schrillen Kreischen atemberaubende Kunststücke vor. Es scheint
sich um etwas Spielerisches, vielleicht einen Wettbewerb, zu handeln. Oder sind sie
vielleicht einem besonders dicken Brummer “auf den Fersen”? Im Städtchen sonntag
morgens ein noch größerer Trupp bei ähnlichen Runden immer am Turm entlang,
jetzt so laut, fast ohrenbetäubend schrill.

 

 


koerner_2

Beim Aufräumen finde ich Getreidekörner im Schuppen. Da haben
die Mäuschen Ernte gehalten. Auch Ahorn-Flieger und einige
kleinere Samen von anderen Pflanzen kann man in dem “Lager”
entdecken. Den Weg der Körner kann ich zurückverfolgen bis
zu einem frühen Samstag morgen im August 2011... Und kann man
nicht alle Körner, die irgendwo auf der Erde geerntet werden, jedes
einzelne, auf die allerersten zurückgeführen, die von Menschen
gesammelt und ausgebracht wurden? –

Unten am Weg betrachte ich oft die Felder. Was ist mit dem Saatgut
der Bauern passiert? Auf einem Feld stehen Gerste und Weizen durch-
einander, ein anderes mit sehr viel Roggen-Trespe, dann sehe ich
noch den Gemeinen Windhalm (eine Gräserart), die Acker-Hunds-
kamille und ein Feld großflächig verseucht mit einer Wickenart.
Es wurde vielleicht des ökologischen Landbaus zu viel getan. -

Hier in der rechten Spalte Bilder vom Hof. Der Rittersporn besiedelt
jede Ritze. An der Mauer zum Nachbargrundstück lasse ich kon-
trolliert Wildstauden wachsen, die eine “grüne Grenze” errichten.
Hier die Moschusmalve mit Glockenblumen, Goldrute und Wildrose.


rittersporn_2013

malven_2013

 

 

Wo bleiben die Stare? Sind sie noch vor ein paar Jahren lärmend in die Kirschbäume
eingefallen, gibt es sie diesen Sommer hier in der Gegend scheinbar gar nicht. (Einige
Wochen später entdecke ich einen Schwarm bei der Kuhweide. Da hatten sie wohl im
Hochsommer noch ertragreichere Pfründe entdeckt als hier in der Ortsmitte.)


Die lärmenden Spatzen in der mächtigen Kiefer des Nachbar-Grundstückes. Hin und
wieder feines Wispern von unbestimmt bleibenden Singvögeln. Das Rufen des Rotmilans,
teils aus schwindelerregenden Höhen, teils sehr tief über dem Dorf. Eines Tages stößt gar
ein mächtiges Exemplar im Nachbarort vor meinem Wagen auf die Straße hinab, um
sich etwas zu krallen und sich mit wenigen Flügelschlägen wieder in die Lüfte zu erheben.

Nun zeigen sich auch immer mehr Schmetterlinge. Zwei Raps-Weißlinge und ein
Kleiner Kohlweißling am Lavendel. Später zusammen bei der Balz. Ei, das wird aber
nicht funktionieren! Es kommen nun auch seltenere Arten in den Garten bzw. solche,
die man nicht oft in Gärten sieht: der Braune Waldvogel, das Große Ochsenauge. Ein
sehr heller Bläuling, vielleicht ein Faulbaum-Bläuling, ist mehrmals kurz zu sehen.
Ein Admiral wischt flatternd vorbei. Ein Tagpfauenauge nimmt immer viel zu kurz
Platz auf der weiß blühenden Hortensie. Ein Landkärtchen, ein C-Falter.

Und vom Speicher muss ich vier Kleine Füchse retten und in die Freiheit entlassen.
Einige Tage später befreie ich erneut einen Kleinen Fuchs. In der Hand fühle ich (ich
packe die Schmetterlinge immer so weit wie möglich am Flügelansatz), was für einen
kräftigen Flügelschlag so ein Falter haben kann. Ich lasse das Speicherfenster nun auf.
An den Folgetagen erneut mehrere Exemplare dieser Schmetterlings-Art auf dem
Speicher, der nun sehr heiß ist. Die können doch jetzt noch kein Winterquartier
suchen? Dann nochmals einer im Schlafzimmer.

Wir haben nun Mitte Juli und einen Sommer, wie er in Deutschland nur alle paar
Jahre mal vorkommt.

Diese Stunden auf dem schattigen Sitzplatz unterm Kirschenbaum. Der köstliche,
erfrischende, nördliche Wind. Diese unvergleichliche Stimmung. Für einen Moment
scheint die verlorene Zeit wiedergefunden. All die Sommer, all die Fahrten, die schönen
Urlaubsreisen, die tollen Strände. Alles ist auf einmal wieder da. Nichts tut weh.

Abende bei spät einsetzender und lang anhaltender Dämmerung, auf die ein sternen-
klarer Himmel mit einer “Luft wie Seide" folgt.

Tagsüber, wenn man im Garten am Lavendel vorbei geht, der trockene, ätherische,
heiße Duft der Provence.

Später übernimmt der Phlox das Regiment. –

 

 


distelbluetenstand

taubenschwaenzchen_2013

Im Uhrzeigersinn: Taubenschwänzchen im Gegenlicht, der
reife aufgesprungene Blütenstand der Gewöhnlichen
Kratzdistel, die Floribundarose “Old Port”, eine Libelle
und das Große Ochsenauge mit geöffneten Flügeln.


old_port

libelle_1

grosses_ochsenauge_2013_3

 

 

Es ist die Zeit der magischen Daten. Der 14. Juli ("mein" Feiertag). Der 20. und der
22. Juli.

Am 19. Juli, samstags vormittags im Garten. Der ganze Lärm ist erstorben. Nur
der sachte Wind in den Blättern, die leise und vorsichtig zwitschernden Vögel, die
summenden Insekten, Kinderrufe von irgendwoher, Wortfetzen von Gesprächen aus
der Nachbarschaft, nur wenige Autos auf der Straße. Dafür mehr als gewöhnlich
Passagierflugzeuge hoch oben, die die Touristen jetzt in die Urlaubsregionen bringen.
(Für diese Majorität der “50 Millionen” treten “Urlaubsmediziner” und “Urlaubs-
psychologen” im Radio auf und erläutern dem wissbegierigen und staunenden
Publikum genau, was man beim Verreisen alles richtig machen sollte. Sogar im
Urlaub befolgen die Deutschen pflichtbewusst und eifrig die Regeln, in der Erwar-
tung, maximale Erholung zu erreichen. Ein anderer Psychologe verteidigt auf einem
anderen Sender diejenigen Urlauber, die immer wieder zum selben Ort reisen. Die
Radiojournalistin fragt verblüfft, fast erschrocken, ob diese Menschen denn nicht
“was verpassen”. – Wer tritt für die diskrimierte Minderheit der 30 Millionen ein?)


Die Luft ist nun kurzzeitig noch schöner und klarer, nachdem der Wind auf östliche
Richtungen gedreht hat. 

Am 21. Juli viele wunderbare Aufnahmen von Schmetterlingen. Die Großen Kohl-
weißlinge an der Distel, das Große Ochsenauge am Lavendel – und dann erscheint
wieder das Taubenschwänzchen, der von mir vor zwei Wochen schon so gesehene
Vorbote eines heißen, langen und trockenen Sommers.

A
m 22. Juli ist Vollmond. Diese Phase markiert den Höhepunkt des Hochsommers –
und doch auch schon den bevorstehenden Übergang in den Spätsommer. Und
tatsächlich sehe ich am 23. Juli die ersten herbstlich gefärbten Blätter, die der
Kirschbaum abgeworfen hat. 
 

 

 

ebereschen-beeren_2

zitronenfalter_2013

flechten_2013

rinde_kirschbaum

kirschblatt_2013_2

Farben und ausgewählte Motive weisen auf
einen ländlichen Garten und auch auf die
Jahreszeit hin. Es ist Spätsommer und
langsam naht der Herbst.

 

 

Das Wetter ändert sich grundlegend. Die Luft kommt nun nicht mehr aus Norden,
sondern aus Süd bis West. Es folgt eine sehr wechselhafte Witterungsperiode, in der sich
mäßig warme und heiße Temperaturen ständig abwechseln. Es ist – bei Südwest- bis
Westströmung – oft schwül und es fallen auch mal wieder Niederschläge oder – bei
Südströmung – wird trockene Luft aus der Sahara hin nach Deutschland befördert. Die
Tropfen, die danach fallen, hinterlassen den Wüstenstaub, den die Luft zu uns geweht
hat, deutlich auf dem gewaschenen Auto.


Am 1. August ein absolut makelloser Himmel, wie er blauer nicht sein könnte. Eine heiße,
trockene Luft und glasklares Licht, sehr an die Provence erinnernd. Alles in der Natur
wirkt leuchtend, plastisch und zum Greifen nah. Zeit für Rhein- und Moselromantik.

Am 2. August wird es 34° warm. Das dürfte der Rekordwert seit 2006 sein.

Es ist jetzt sehr trocken im Garten. Eine Biene hat auf dem Gartentisch meine Wasserschale
entdeckt, in der immer eine Rosenblüte schwimmt, und von wo sie jetzt, sich geschickt am
Rand haltend, Flüssigkeit aufsaugt. – In der Gartenerde bilden sich an einigen
verdichteten Stellen Risse. Letztes Jahr gab es noch aufgrund des mehrjährigen feuchten
und trüben Wetters Probleme mit Lebermoos, das sich anschickte, Bereiche des Gartens
zu erobern. Das Lebermoos lässt sich nun nicht mehr blicken...


Nachdem Mitte der ersten Augustdekade eine Störung durchgezogen ist, zunächst ruhiges,
mäßig warmes und nach der Hitze extrem entspannendes spätsommerliches Wetter. Die
köstliche Frische und Kühle der Luft gibt nun schon einen Vorahnung auf den Herbst. Es
gibt sogar für einen (!) Tag Regenwetter.

mary_rose_schale_1

Wieder ein Kleiner Fuchs auf dem Speicher. Bei der nun kühleren Luft halte ich das
Speicherfenster geschlossen und kann deshalb die Schmetterlinge nicht mehr dort oben
lassen. Sie würden vertrocknen. Dieses Exemplar nun scheint fast am Schlafen oder
benommen, als ich es vorsichtig von der Wand bzw. dem Fensterrahmen abhebe. Auf
meiner ausgestreckten Hand am Speicherfenster kann ich den Schmetterling ganz genau
und nah beobachten. Das menschliche Auge ist doch immer noch viel besser als ein
teures Makro-Objektiv. Wie sich die feinen Härchen am Rumpf und Fügelansatz im
Wind bewegen. Die gefleckten Augen. Dann fährt er mehrmals den Rüssel aus. Um
ihn zu testen? Oder hat er großen Durst? Der Falter pumpt ein bisschen, dann schwebt
er in den Hof hinab (wo ich später einen toten Kleinen Fuchs finde, der mir aber ein
kleineres Exemplar zu sein scheint). – Das Leben der Schmetterlinge... Von Blüte zu Blüte
fliegen, Nektar saugen, dabei die für die Menschen so wichtigen Blüten bestäuben, den
Feinden entkommen, einen guten Schlafplatz suchen oder bei einigen Arten sogar eine
geeignete Stelle zum Überwintern, und einen Partner zum Kopulieren finden. Als
Männchen hat man dann seine Schuldigkeit getan, als Weibchen gilt es, die Eiablage
geschickt genug anzustellen. Und sterben. Die nächste Generation trägt das Erbgut weiter.
Und dann noch dafür da sein, dass sich die Menschen, die mit ihren Händen so unver-
gleichlich viel mehr machen können und sich mit ihren im Vergleich riesigen Gehirnen
so phantastische Sachen ausdenken, an ihnen erfreuen mögen. Und dennoch: die
Schmetterlinge sind so viele Jahrmillionen länger auf der Erde als das Menschen-
geschlecht. Die Frage ist nur, wer wen überlebt. –

Die Trockenheit setzt sich fort.

Bei heiter bis wolkigem Wetter spätsommerliche Tage, wie sie schöner nicht sein könnten:
kühle Nächte, frische Morgen und warme Nachmittage.

Schon längere Zeit, fast den ganzen Sommer, ist es derselbe Ablauf. Der Keil des Azoren-
hochs weitet sich nach West- und Mitteleuropa aus. Hier bildet sich eine eigene Hochdruck-
zelle, die nach Osten triftet. Nun haben wir zwei Hochs, zwischen die in wechselnden
Abständen, aber immer nur abgeschwächt und kurzzeitig, Ausläufer des Islandtiefs nach
Deutschland herein ziehen. Dann weitet sich das Azorenhoch wieder bis in unsere
Regionen aus und das sommerliche Wetter stabilisiert sich schnell wieder. Unterbrochen
war dieser Rhythmus nur zwei Mal, als zwischen einem Hoch und einem Tief heiße
Sahara-Luft nach Deutschland gepumpt wurde. Mit “Klimaerwärmung” hatte dieser
Effekt allerdings nichts zu tun: im Gegenzug geriet kalte Luft über die komplette
Iberische Halbinsel.

himmel_2013_1

Gegen Ende der zweiten August-Dekade zieht so ein Ausläufer des Island-Tiefs durch.
Dann erneut warmes und sehr trockenes Wetter, bevor sich der Rhythmus wiederholt.
Aber mit jedem Intervall merkt man, wie die Tage kürzer werden, der Sonnenstand
tiefer, die Luft frischer, die Temperaturen niedriger, mit einem Wort: herbstlicher. Bald
werden die Nachttemperaturen zum ersten Mal wieder im einstelligen Bereich liegen.

An einem dieser Übergangstage malt der große Meister da oben mit dem großen Pinsel
Vermeer-Wolken in den Himmel, die sich über der Hospital-Kirche auftürmen und den
Betrachter in Erstaunen versetzen.

Am Monatsende – wenn man genau hinsieht – allererste Anzeichen der Herbstfärbung
in Natur und Garten.

 

 


 

 

 

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